Sie geben nicht auf: In Athen hält der Protest an

Renten kürzen, Löhne senken, massive Einschnitte in die Sozialsysteme - die Spardiktate treiben die Länder Europas immer tiefer in die Krise

Wohin das führen wird, ist gar nicht absehbar. Die drastischen Sparprogramme, die Griechenland und anderen europäischen Staaten derzeit unter Wortführung der deutschen Bundeskanzlerin aufgedrückt werden, können nur tiefer und tiefer hinein in die verheerende Krise führen. Es sind die bekannten neoliberalen Rezepte, die von der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds gegen die Menschen in den sogenannten europäischen Schuldenstaaten wie Griechenland oder Portugal angerührt und durchgesetzt werden. Und das heißt nichts anderes als: Renten kürzen, Löhne senken, massive Einschnitte in die Sozial-, Gesundheits- und Bildungssysteme und selbstredend auch weiträumiger Verkauf öffentlichen Eigentums wie etwa Häfen, Krankenhäuser und anderer Versorgungseinrichtungen. Aber auch Kulturgüter stehen zum Ausverkauf.

Es ist ein Angriff auf Arbeitsrechte und soziale Standards, die nicht in Jahrzehnten, sondern in Jahrhunderten von den Gewerkschaften, von der Arbeiterbewegung erkämpft worden sind. Und der erfolgt als pure und gigantische Umverteilung von unten nach oben. Niemand, weder Bundeskanzlerin Angela Merkel noch die Mitglieder der Troika und andere Beförderer dieses neoliberalen Feldzugs haben in den zurückliegenden Wochen und Monaten etwa eine Umkehr in der Steuerpolitik gefordert, niemand in dieser entschlossenen Runde der Sparkommissare hat auch nur in Erwägung gezogen, die Reichen und Vermögenden heranzuziehen. Der Druck geht ausschließlich nach unten, gegen abertausende von Menschen, die allesamt die Krise nicht verursacht haben.

All das unter dem kategorischen Diktum: Die Schulden müssen bezahlt werden, wie hart es die Menschen auch immer trifft. Wer aber sind die Gläubiger? Die großen Banken, die Global Player und mit ihnen die Finanzmarktspekulanten. Kurzum all jene, die zwar die weltweite Finanzmarktkrise verursacht haben, die 2008 über die Menschen hereingebrochen ist, aber seither von der Politik gänzlich unbehelligt weiter agieren wie gehabt und auch noch an der Krise verdienen und weiter verdienen wollen. So machen die Finanzjongleure längst ihre Geschäfte mit der Spekulation auf etwa drohende Staatsbankrotte.

Und die EU-Zentralbank leiht den großen Privatbanken Geld zum Niedrigzins, die jene dann zu einem mehrfachen Zinssatz an die bedrängten Staaten wie Griechenland verleihen. Wirksame Regeln auf den Finanzmärkten, wie sie bei Ausbruch der Krise noch vollmundig angekündigt worden waren, hat die Politik bis heute nicht einmal ansatzweise eingezogen. Es geht eben immer ums große Geschäft. So einfach und so bitter ist das.

Wie sich die von den Sparverdikten geknebelten Länder wirtschaftlich wieder aufbauen sollen, scheint die politisch Verantwortlichen dabei ganz und gar nicht zu interessieren. Wie sollen die Menschen, denen soeben der schmale Mindestlohn abermals gekürzt wurde - wie gerade in Griechenland passiert -, Konsumgüter erwerben, etwa Fernsehgeräte oder gar Autos kaufen? Wovon?

Immer mehr Menschen fehlt das Geld für Nahrungsmittel

Bereits dramatisch angestiegen ist in diesen Tagen die Zahl der Menschen in Griechenland, die kein Geld mehr für die tägliche Nahrung zur Verfügung haben. Und das wird bei Zeiten auch die Exportnation Deutschland zu spüren bekommen, wo gerade erst wieder Rekorde gefeiert werden. Rekorde, die möglich wurden, weil in Deutschland seit Jahren der Niedriglohn grassiert und sich immer weiter über das Land verbreitet. So werden deutsche Waren konkurrenzlos billig, die europäischen Nachbarn werden ihre eigenen Waren nicht mehr los - und müssen sich verschulden, um Waren beim EU-Partner Deutschland einzukaufen.

Auch das ist ein wichtiger Grund, in Deutschland deutliche Lohn- und Gehaltserhöhungen durchzusetzen, wie es sich die Gewerkschaften für die anstehenden Tarifrunden in diesem Frühjahr vorgenommen haben. Und auch ein Grund, endlich den flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einzuführen, wie es die große Mehrheit der Bevölkerung seit langem schon will. Die Politik gegen die große Mehrheit der Menschen in den europäischen Staaten hat die europäische Idee, die Idee von einem Europa der Völker längst beschädigt. Die Gewerkschaften Europas müssen dem Einhalt gebieten - und die Zeit drängt. Daher ruft der Europäische Gewerkschaftsbund alle seine Mitgliedsgewerkschaften auf zu einem ersten dezentralen Aktionstag am 29. Februar, ruft auf zum Protest in den Städten und Gemeinden. Und das soll erst der Anfang sein.

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