Warnstreiks – Zahl der Beteiligten in den ver.di-Landesbezirken

130.000 Menschen waren bundesweit an der ersten Warnstreikwelle Anfang März beteiligt. Es war die Antwort der Beschäftigten aus Verwaltungen, Kitas, Sparkassen und vielen anderen Betrieben auf die Tatsache, dass die Arbeitgeber von Bund und Kommunen in der ersten Verhandlungsrunde kein Angebot vorgelegt hatten. Mit einem nicht verhandlungsfähigen Angebot beim zweiten Treffen am 12. und 13. März provozieren die Arbeitgeber jetzt noch mehr Entschlossenheit, mehr Warnstreiks, mehr Protest

von Claudia von Zglinicki

Miriam Otto steht am 12. März schon zum zweiten Mal vor dem Kongresshotel, in dem die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen stattfinden. Auch zum ersten Termin war sie gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus der Stadtverwaltung Potsdam an den Templiner See gekommen, um Gesicht zu zeigen, Krach zu schlagen und deutlich zu machen, wie wichtig ihr ein guter Tarifabschluss ist. Ein Abschluss, der mehr Wertschätzung für die geleistete Arbeit bedeutet und mehr Geld bringt, nach Jahren des Verzichts, in denen die Lohnerhöhungen so niedrig waren, dass wegen der steigenden Lebenshaltungskosten nichts in den Portemonnais übrigblieb. Vor allem nicht bei den Beschäftigten mit niedrigem Einkommen.

Aber genauso wichtig ist Miriam Otto und ihren Kolleg/innen die ver.di-Forderung nach der unbefristeten Übernahme der Auszubildenden nach erfolgreichem Abschluss. Die junge blonde Frau ist Verwaltungsfachangestellte, erst 2009 hat sie selbst ihre Ausbildung abgeschlossen. Aus eigener Erfahrung weiß sie sehr genau, dass die Azubis eine Übernahmegarantie dringend brauchen. Zudem: In der Stadtverwaltung der brandenburgischen Landeshauptstadt werden von Jahr zu Jahr weniger junge Leute ausgebildet, so hat sie festgestellt - und in immer weniger Berufen. Die jungen Nachwuchskräfte werden gebraucht, davon ist sie überzeugt. Also ist sie wieder da, als die Verhandlungsdelegationen am Morgen des 12. März eintreffen und junge ver.dianer/innen aus Hannover und Potsdam vor dem Hotel lautstark singen: "Übernahme, Übernahme, hey, hey, hey!" Unüberhörbar und unübersehbar.

Draußen, auf der Straße stand Miriam Otto mit anderen ver.di-Mitgliedern auch zwischen den Verhandlungsterminen. Erst, um möglichst viele Beschäftigte anzusprechen und für den bevorstehenden Warnstreik zu gewinnen. Dann beim Warnstreik selbst, am 8. März. Es regnete, der Wind blies heftig, "es war saukalt", wie Miriam sagt. Aber die Stimmung war gut. Rund 500 Leute haben sich am Warnstreik beteiligt, eine ordentliche Zahl, das weiß sie, aber natürlich wünscht sie sich noch viel mehr. "Wir brauchen alle", sagt sie. "Und wir gehen bestimmt noch mal raus, bevor es einen Abschluss gibt. Sicher sogar öfter." Sie ist dann wieder dabei. Sicher. Obwohl jemand aus der Stadtverwaltung "in gehobener Position" sie beim Warnstreik tatsächlich gefragt hat, ob sie sich nicht schäme, hier zu streiken. Nein, sie schämt sich kein bisschen. Ganz im Gegenteil.

Die Stimmung war gut - diesen Satz unterschreiben die Mitglieder der Verhandlungskommission aus der ver.di-Bundestarifkommission, als sie am 12. März in Potsdam von der ersten Warnstreikwoche berichten. So haben sich im Landesbezirk Nord 5000 Menschen beteiligt, obwohl der Kommunale Arbeitgeberverband versucht hat, die Beschäftigten unter Druck zu setzen und einzuschüchtern, wie die Bibliothekarin Barbara Kammer aus Bad Oldesloe berichtet. Erfolglos. An die 100 neue Mitglieder konnte ver.di in der kurzen Zeit dort gewinnen.

In Bayern nahmen 12.500 Frauen und Männer an Warnstreiks teil, mehr als erwartet. In Hamburg legte der Warnstreik den öffentlichen Nahverkehr lahm. 63.000 Warnstreikende kamen in Nordrhein-Westfalen zusammen - und allein in Köln 500 neue ver.di-Mitglieder. Auch in Frankfurt am Main fuhren U-Bahnen und Straßenbahnen am Warnstreiktag nicht. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind rund 4000 Menschen auf die Straße gegangen - doppelt so viele wie vor zwei Jahren. Viele davon haben sich zum ersten Mal in ihrem Leben zum Streik entschließen können. 250 streikten in Chemnitz; es gab in den drei Bundesländern Sparkassen, deren Beschäftigte geschlossen zum Warnstreik rausgegangen sind. Und seit dem Spätherbst hat ver.di in diesem Landesbezirk mehr als 2000 neue Mitglieder.

Zum ersten Mal konnte ein ganztägiger Warnstreik mit 250 Menschen in Frankfurt/Oder stattfinden, und 100 Teilnehmer/innen streikten in der brandenburgischen Uckermark. Das alles sind Erfolgszahlen. Überall war auch die ver.di Jugend lautstark vertreten. Timo Klein, der für die Jugend in der Verhandlungskommission ist, berichtete von 40 Erzieherinnen in Ausbildung, die am 8. März im hessischen Dillenburg von sich aus, ohne ver.di-Kontakte, zum Warnstreik mit vielen anderen Azubis gekommen sind. Jetzt haben sie den ver.di-Kontakt. Und viele von ihnen sind seit der Aktion auch Mitglied geworden. "Das alles", sagt Timo Klein, "zeigt doch, dass wir genau die richtigen Forderungen stellen. Und zum richtigen Zeitpunkt."