Ende März hatte ver.di 10.000 Beschäftigte der Deutschen Telekom zu Warnstreiks aufgefordert - als Signal an die Arbeitgeber vor der vierten Verhandlungsrunde. "Die Stimmung im Betrieb ist aufgeheizt", sagt Tomas Lenk, Betriebsrat bei der Callcenter-Gesellschaft Deutsche Telekom Kundenservice Nord in Frankfurt/Oder und Mitglied der Verhandlungskommission. "In drei Verhandlungen hat die Telekom schließlich immer noch kein Angebot vorgelegt."

ver.di verhandelt für die rund 85.000 Beschäftigten des Konzerns, darunter 9000 Auszubildende. Die Gewerkschaft fordert 6,5 Prozent mehr Geld. Der Tarifvertrag soll zwölf Monate laufen. Dabei sollen die unteren Einkommen durch eine Mindesterhöhung stärker angehoben werden. Die Vergütung für die Azubis soll um 70 Euro pro Monat steigen, die "dualen Student/innen", die neben ihrer Arbeit studieren, sollen zusätzlich eine Unterhaltsbeihilfe und einen Fahrtkostenzuschuss bekommen.

Dass die Telekom-Vertreter bisher kein Angebot gemacht haben, begründen sie damit, es gebe keinen Verteilungsspielraum. "Für eine Lohnerhöhung sollen die Beschäftigten eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen in Kauf nehmen", sagt Michael Halberstadt, Bereichsleiter Tarifpolitik für die Telekom in der ver.di-Bundesverwaltung. Großzügiger ist die Telekom gegenüber ihren Aktionären: Ihnen wurde eine Ausschüttung von 3,4 Milliarden Euro zugesagt. Hauptaktionär ist der Bund; Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, CDU, rechnet auch in diesem Jahr mit einem Milliardenbetrag für den Bundeshaushalt.

Umstrukturierung ohne Ende

Leer ausgehen sollen dagegen die Beschäftigten. Die Verhandlungskommission der Arbeitgeber hat von ver.di eine Nullrunde gefordert, was sogar eine Gehaltskürzung bedeuten würde, da nicht einmal die Inflationsrate ausgeglichen werden soll. Die Arbeitgeber argumentierten damit, die Telekom stehe im internationalen Wettbewerb und unter enormem Kostendruck. Sie drohten mit Auslagerungen ins Ausland und drastischem Personalabbau. Dabei tragen die Beschäftigten die Hauptlast der ständigen Umstrukturierungen im Konzern. Der besteht inzwischen aus zahlreichen Firmen. So wurden 2007 mehr als 20.000 Beschäftigte in drei Servicegesellschaften ausgegliedert. Danach folgten zahlreiche Änderungen, in deren Zuge auch Standorte geschlossen oder verlagert wurden. Für 950 Angestellte in Berlin bedeutet dies zum Beispiel, dass sie in Frankfurt/Oder arbeiten müssen. Noch heute pendeln rund 260 von ihnen zwischen Berlin und ihrem Arbeitsort an der polnischen Grenze. "Sie merken besonders, wie die Benzinpreise klettern", sagt Lenk. Lebenshaltungskosten steigen, Gehälter stagnieren - und die Telekom schaltet auf stur. "Der Vorstand hat noch genau eine Verhandlungsrunde Zeit, um im Sinne der Beschäftigten einzulenken", sagte ver.di-Verhandlungsführer Lothar Schröder. Zwischen dem 18. und dem 26. April wird für die Deutsche Telekom AG, Telekom Deutschland samt Servicesparte und T-Systems verhandelt. Nach diesem Marathon trifft sich die Große Tarifkommission am 3. Mai, um Verlauf und Ergebnis zu bewerten. Liegt wieder kein akzeptables Angebot vor, ist zu erwarten, dass die Kommission die Verhandlungen für gescheitert erklärt und über eine Urabstimmung oder die Anrufung der Schlichtung berät.

Silke Leuckfeld