Ausgabe 04/2012
Eine Zukunft
Eine Zukunft nach der Ausbildung
Leitlinie für Übernahme nach der Ausbildung - das wär ́s!
VON Annett Kannenberg UND Birgit Tragsdorf
"Junge Menschen brauchen eine Perspektive, um ihre Zukunft planen zu können. Diese zu schaffen, ist gesellschaftliche Gesamtverantwortung." Michael Wagner, Vorsitzender der ver.di Jugend in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, fasst die Forderungen der ver.di Jugend so zusammen: Übernahme in Vollzeit, unbefristet, wohnortnah, im erlernten Beruf und mit einer entsprechenden Entgeltgruppe.
In vielen Bereichen gibt es bereits tarifvertragliche oder innerbetriebliche Regelungen zur Übernahme der Auszubildenden. Meist weisen sie aber erhebliche Mängel auf. Anschlussbeschäftigungen, also die Anzahl der Monate, die die Fachkraft noch im Unternehmen bleiben kann, sind gestaffelt nach Prüfungsergebnissen. Auch Arbeitsplätze bei Unternehmens-Töchtern im gesamten Bundesgebiet, zum Teil mit Arbeitsverträgen unter 20 Stunden in der Woche, sind keine Einzelfälle. Das führt zu einer Ungewissheit, mit der die Auslernenden allein gelassen werden. Und es hilft nicht den Unternehmen und den Regionen, die nach wie vor mit dem gravierenden Problem der Abwanderung berufstätiger junger Menschen zu kämpfen haben.
Die ver.di Jugend im Landesbezirk hat im Frühjahr die Kampagne "Ihr könnt uns mal ... übernehmen" gestartet. In zentralen und dezentralen Aktionen, Seminaren, Jugendversammlungen sowie auf dem ver.di-Sommercamp wird dazu mit Vertreter/innen aus der Arbeitnehmerschaft, Wirtschaft und Politik diskutiert. Ziel ist es, das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen und in unseren Einflussbereichen stärker an Lösungen zu arbeiten. Doch auch außerhalb erprobter Kommunikationswege will die ver.di Jugend die Diskussion platzieren. Jugendliche und Auszubildende, die sich an der Kampagne beteiligen, sollen erstmals in unserer Region den schlechtesten Ausbildungsbetrieb ausfindig machen. Diesem wird dann im Sommer 2012 der Koffer mit der Aufschrift: "Hier könnt ihr eure Koffer packen", verliehen. Mehr Infos und Termine unter: www.jugend-sat.verdi.de
Übernahme - der Praxistest
Im Moment existieren für die Übernahme von jungen Ausgebildeten überwiegend keine verbindlichen und vergleichbaren Regelungen, zumindest im Zuständigkeitsbereich von ver.di. "Es wäre sehr gut, wenn wir es im öffentlichen Dienst hinbekämen, eine Leitlinie für Übernahmeregelungen zu erarbeiten. Auch als Vorbild für die private Wirtschaft", kommentiert Daniel Herold, Jugendsekretär in Thüringen. Er ist auch für die tarifpolitische Arbeit für die Jugend im Landesbezirk zuständig. Vorbildlich seien die Regelungen in der Chemie-Industrie und bei der Post, so Herold. Wenn in der privaten Wirtschaft die Betriebe nach Bedarf ausbilden, ist meist eine Übernahme sicher.
Anders sieht es beispielsweise in den Pflegeberufen aus. Gerade in der Altenpflege wird über die Unterbesetzung und den erwarteten Fachkräftemangel geklagt, aber verbindliche Übernahmeregelungen gibt es nicht. Schwierig ist es auch in den Krankenhäusern, hier dominieren Einjahresverträge. Im Friseurhandwerk sind Azubis zwar willkommen, aber nur als billige Arbeitskräfte.
Haben sie ausgelernt, ist ihnen kein Arbeitsplatz sicher. Die AOK plus hat ein Personalentwicklungskonzept erstellt, das erst einmal bis 2013 allen jungen Leuten nach der Ausbildung einen sicheren Arbeitsplatz garantiert. Und der neue Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes garantiert eine Übernahme für zwölf Monate, die dann bei Bewährung in eine unbefristete Stelle führt - vorausgesetzt, es sind freie Stellen vorhanden. ver.di will eine an der Demographie orientierte Personalpolitik in der Verwaltung, und wenn dies auch in der Privatwirtschaft gelingen könnte, umso besser. Denn die Lage ist so: Während in der Privatwirtschaft die Zahl von Mitarbeitern über 45 Jahre sinkt, steigt sie im öffentlichen Dienst an.