Esther Bejarano mit dem Gratulanten Wolfgang Rose und dem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,verehrte Gäste, liebe Esther,

ich stehe hier, weil es ein Echo finden soll, was Esther Bejarano gerade eben hier im Rathaus Hamburg gesagt hat. Es sollte immer ein Echo finden, was uns Esther und andere Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sagen. Es gibt immer weniger von ihnen, und ich bin Esther so dankbar dafür, dass sie früh der großen Aufgabe gefolgt ist, den nächsten Generationen zu erzählen, was war und was nie wieder sein darf.

Ich komme gerade von einer Beerdigung. Wieder ist eine von uns gegangen, die die Nazi-Gräuel erlebt und überlebt hatte. Renate Voss aus Steilshoop, eine Sozialdemokratin und Gewerkschafterin, die mir immer imponiert hat. Stets waren sie da, die Alten, die Klugen, die Sanften und Kämpferischen. Die heutige Ehrung gilt auch ihnen und allen, die gegen das Vergessen aktiv waren und es immer noch sind.

Ich möchte Dir nur sagen, Esther, dass wir Dir sehr dankbar sind dafür, dass Du diese Erinnerungsarbeit auf Deine einzigartige und vorbildgebende Art geleistet hast. Das warst immer Du. Nie hast Du uns Stanzen aus einem antifaschistischen Geschichtsbuch vorgetragen, sondern immer völlig authentisch aus Deinem Leben erzählt. Du strahlst und strahlst aus, weil Du Deine Lebensgeschichte und die Lehren so persönlich an die Jüngeren weitergibst. Weil Du da bist, es überstanden hast, wieder aufgestanden und auf die Fragenden zugegangen bist mit einem Lächeln, deshalb hast Du so viele Menschen immun gemacht gegen den Hass und die Unmenschlichkeit.

Esther Bejarano hat darüber hinaus noch eine besondere Gabe. Als Gewerkschafter habe ich mich, wie viele andere auch, immer wieder mit der Frage beschäftigt: Warum hat die Arbeiterbewegung den Faschismus nicht verhindert? Warum kam es nicht zu dem Generalstreik, der Hitler hätte stoppen können? Warum fehlte die Einheit der Antifaschisten in einem Augenblick, wo sie so lebensnotwendig war?

Esther Bejarano hat mir, vielleicht unbewusst, bei der Beantwortung dieser Fragen geholfen. Sie ist nämlich niemand, die immer nur die alten Rechnungen herausholt und sagt, wer was wann falsch gemacht hat. Sondern die, die das Gemeinsame gesucht und gefunden hat. Die weder die Opfer voneinander trennt, noch die, die heute ihren Beitrag leisten, um Krieg und Faschismus unmöglich zu machen.

Esther ist die, die die Antifaschisten von damals und heute versöhnt. Wir können die Geschichte nicht rückgängig machen. Aber wir können heute die richtigen Lehren daraus ziehen. Wir können die Gemeinsamkeit der Demokraten schaffen im Kampf gegen Rechts - am 2. Juni ist wieder Gelegenheit dazu. Wir können etwas tun, um Neonazis zu verbieten und ihr Gift aus den Köpfen zu vertreiben. Wir können daran arbeiten, eine menschliche und solidarische Welt zu schaffen, in der es keine Sündenböcke mehr gibt.

Und ich jedenfalls denke dabei auch immer an Dich, Esther. An Deine Fähigkeit, mit Deiner Lebensfreude und Deiner Musik und zugleich mit Deiner Ernsthaftigkeit und der Kraft Deiner Wahrheit Leid und Hoffnung zu verbinden. An das, was Du gesagt hat, und auch daran, wie Du es gesagt hast.

Dafür werde ich Dir, werden wir Dir ewig dankbar sein, Esther. Und zum Großen Bundesverdienstkreuz, dazu gratuliere ich Dir auch.