Bernd Riexinger

Mit der überraschenden Wahl zum Vorsitzenden der Linkspartei hat in Göttingen am 2. Juni ein neues Kapitel in der Laufbahn von Bernd Riexinger begonnen - und endete eines für den ver.di-Bezirk Stuttgart, dessen Geschäftsführer Riexinger seit der ver.di-Gründung 2001 war.

"Kaum ein Bezirk ist besser aufgestellt, wagt sich häufiger in große wie kleine Schlachten und lockt demzufolge mehr neue Mitglieder an", schrieb die Stuttgarter Zeitung in einem klugen Portrait Riexingers vor der Wahl. Deutlich herablassender urteilte ein Teil der bundesdeutschen Leitmedien unmittelbar danach: Der Tagesschau fiel in ihrer Eilmeldung nur das Substantiv "Fundamentalist" als Charakterisierung ein, Zeit-Online titelte gar "Bernd Wer?".

Derartige Beschreibungen verweisen eher darauf, dass noch nicht überall wahrgenommen wird, wie Politik längst auch abseits der Trampelpfade stattfindet: in den sozialen Bewegungen von Stuttgart 21 bis Blockupy, im Netz, aber auch und vor allem bei den Gewerkschaften und im Betrieb. Wer wachsam verfolgte, was hier am Wachsen ist, dem war der Name Riexinger schon vorher ein Begriff. Sein Verdienst ist es neben der Vernetzung mit den sozialen Bewegungen, den ver.di Bezirk Stuttgart nach der Gründung zusammengeführt und zu einem Modell entwickelt zu haben, das in der Gewerkschaftslandschaft als beispielgebend gelten kann: Erfolgreich ist, wer erfolgreich für seine Mitglieder kämpft. Der Lohn dafür war im letzten Jahr die Trendwende bei der Mitgliederentwicklung in Stuttgart: 2011 endete mit einem Plus, in diesem Jahr ist der Bezirk bis Mai weiter gewachsen. Einen gehörigen Anteil daran trägt Riexinger, dem es mit seinem Einsatz gelungen ist auch die mitzunehmen, die nicht alle seine inhaltlichen Positionen teilen.

Ein Fundamentalist ist er aber sicher nicht. Nach jahrzehntelanger Arbeit in der Gewerkschaft weiß Riexinger natürlich, dass am Ende immer ein Kompromiss steht. Das bedeutet für ihn wie für viele andere Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter aber nicht, aus der eigenen Haltung keinen Hehl zu machen. "Wir brauchen gerade in der Politik Leute mit den richtigen Werten und Überzeugungen. Vertreter der reinen Lehre der Marktwirtschaft gibt es dort mehr als genug", so die ver.di-Landesbezirksleiterin Leni Breymaier.

Politische Relevanz entsprang für Riexinger nie nur aus einem Amt, sondern immer aus Inhalten. Wir wünschen ihm alles Gute, möge er weiterhin dem roten Faden treu bleiben. Über seine Nachfolge entscheidet der Stuttgarter Bezirksvorstand Anfang Juli.

red