Ausgabe 05/2012
Mit Wirtschaftshilfen Arbeit schaffen
Detlef Ahting
Schuldenkrise - Eurokrise - jeden Tag neue Nachrichten: Jede Woche, so scheint es zumindest, steht die Stabilität der Währung, der Zusammenhalt Europas auf dem Spiel. ver.di-Landesleiter Detlef Ahting appellierte an die niedersächsischen Bundestagsabgeordneten aller Parteien, bei der Abstimmung über den EU-Fiskalpakt die soziale Sicherheit und die Verteilungsgerechtigkeit nicht zu vergessen. Dazu gehören für Ahting zwingend auch direkte Wirtschaftshilfen als Beitrag zur Schaffung von Arbeit, Einkommen und Nachfrage.
ver.di PUBLIK | Die Finanzkrise hat in Europa tiefe Gräben aufgerissen. Ahting | Ja, das haben wir den Vereinfachern in den Medien und den neoliberalen Welterklärern zu verdanken. Die Schuldigen sind angeblich die Südländer, die zu wenig arbeiten und über ihre Verhältnisse gelebt haben. Darum müssen die nun ihre Verhältnisse in Ordnung bringen, ihre Schulden zurückzahlen und die Welt ist wieder gut. So einfach ist das. Was dies für betroffene Arbeitnehmer bedeutet, was Kranke, Rentner und Arbeitslose erleiden und erdulden müssen - das sickert nur langsam durch. Arbeitnehmerrechte werden immer weiter abgebaut.
ver.di PUBLIK | Wo gibt es die gravierendsten Eingriffe? Ahting | Griechenland kürzt den Mindestlohn von 4,38 auf 3,34 Euro pro Stunde, Tarifverhandlungen soll es nur noch auf betrieblicher Ebene geben, das Arbeitslosengeld sinkt um 30 Prozent und die Renten um bis zu 15 Prozent, 150.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst werden entlassen. Spanien und Italien lockern den Kündigungsschutz, Frankreich will die 35-Stunden-Woche aufheben, Portugal soziale Leistungen streichen - überall in Europa sollen Beschäftigte, Arbeitslose und Rentner die Kosten der Krise tragen, die sie weder verursacht haben, noch von ihr profitiert haben.
ver.di PUBLIK | Gerecht geht anders. Was können wir tun, um den Menschen in diesen Ländern unsere Solidarität zu zeigen? Ahting | Nicht die Menschen in Griechenland oder Spanien haben über die Verhältnisse gelebt, sondern die Zocker an den Börsen und Finanzmärkten haben die Welt an den Abgrund getrieben. Daher ist die geplante Finanztransaktionssteuer ein erster Schritt, der auf Europa und alle Märkte übertragen werden muss. Doch weiterhin wird Griechenland kaputt gespart, Spanien steht kurz davor. Um die Krise Europas wirksam zu bekämpfen, heißt eine einfache Antwort: Verteilungsgerechtigkeit! Höhere Löhne, mehr Massenkaufkraft, öffentliche Investitionen hier und in den Krisenländern sozial gerechte Steuererhöhungen. In dieser Krise ist vor allem eines gefragt: Gerechtigkeit und Solidarität.
ver.di PUBLIK | Was schadet Europa? Und was steht für die Zukunft? Ahting | Nationalistische Vorurteile, falsche Schuldzuweisungen und die Fortsetzung dieses gescheiterten Gesellschaftsmodells, das uns in die Krise getrieben hat, spalten unser Land und treiben Europa an den Rand des Scheiterns. Wer die Freiheit der Märkte über die Freiheit der Menschen stellt, wem die ungehemmte Ausübung privater Interessen mehr wert ist als die Rechte der Menschen, der gehört der Vergangenheit an. Wer aber mit seiner Arbeit Werte schafft, die für eine gerechte und solidarische Gesellschaft stehen, wer für ein soziales Europa kämpft, dem gehört die Zukunft.