Ausgabe 05/2012
Wut und Verzweiflung
Schlecker-Frauen protestierten in Hannover
Rund 400 Schlecker-Frauen zeigten Anfang Juni in Hannover ihre Wut und Enttäuschung: Erst trafen sie sich zu einer landesweiten Betriebsversammlung im Congress Centrum, bei der auch Vertreter aller Landtagsparteien sprachen. "Sie lassen es geschehen, dass wir in die Armut gehen müssen", rief eine Betriebsrätin empört.
Durch die City zogen die Frauen dann vor das FDP-geführte Wirtschaftsministerium. Dort kritisierte ver.di-Landesleiter Detlef Ahting die Liberalen scharf, die durch ihr Nein zur Transfergesellschaft Tausende von Schlecker-Frauen in die Arbeitslosigkeit geschickt hätten. Ahting hatte Niedersachsens Ministerpräsidenten David McAllister, CDU, in einem Brief um Hilfe des Landes gebeten. "Wir erwarten und hoffen, dass Sie sich mit uns gemeinsam für eine Lösung einsetzen, die den betroffenen Menschen und Familien hilft und auch eine Perspektive eröffnet", heißt es in dem Schreiben. Dieses Mal könne sich die Politik nicht vor ihrer Verantwortung drücken, so Ahting.
Durch das endgültige Aus für Schlecker haben in Niedersachsen und Bremen weitere 1300 Frauen ihren Job verloren, alle Filialen sind geschlossen, berichtet ver.di-Fachbereichsleiter Heiner Schilling. Bisher sei nur ein geringer Teil der bereits gekündigten 1140 Schlecker-Beschäftigten vermittelt worden. Bis Anfang Juni konnte nur etwa ein Viertel der Betroffenen wieder eine Arbeit finden.
ver.di schlägt einen Sonderfonds der Bundesagentur für Arbeit vor, den Bund und Länder einrichten könnten, um die Gehälter der Beschäftigten zunächst zu sichern. Die Schlecker-Frauen benötigten einen solchen Fonds als Überbrückung und Qualifizierung, um einen sozialen Absturz zu verhindern. Auch SPD-Fraktionschef Stefan Schostok forderte auf der Betriebsversammlung einen Sonderfonds. Dafür könnten in einem Flächenland wie Niedersachsen möglicherweise auch EU-Strukturfördergelder herangezogen werden. Kreszentia Flauger von der Linken rechnete vor, dass die Bundesregierung 805 Millionen Euro für Hoteliers aufgewendet habe und Milliardenbeträge für Banken. Nur für die 25.000 Schlecker-Frauen sei kein Cent übrig.