Simone Burger ist Regionsgeschäftsführerin und Vorsitzende des DGB Kreisverbandes München

von Simone Burger

Gewerkschafter verschließen nicht die Augen vor der Realität. Wir wissen, dass die Rente zukunftsfest gestaltet werden muss. Der bisherige Lösungsvorschlag der Politik heißt: Der Beitrag darf bis 2030 auf maximal 22 Prozent steigen, um die Jungen nicht übermäßig zu belasten. Dafür soll aber das Rentenniveau bis zum Jahr 2030 um rund ein Fünftel sinken. Soziale Härten sollen durch eine Förderung der privaten Zusatzvorsorge abgefedert werden.

Was auf den ersten Blick vielleicht plausibel klingt, funktioniert in der Realität nicht. Der Preis ist zu hoch! Mit einem Einkommen von 2700 Euro brutto würde man heute nach 40 Arbeitsjahren 1007,41 Euro Rente bekommen, bei einem Absenken des Rentenniveaus auf 43 Prozent würde die Rente bei 849 Euro liegen. Wer 2100 Euro oder weniger verdient, würde sogar unter die Grundsicherung von 688 Euro fallen. Die private Zusatzrente kann diese Lücken nicht ausgleichen. Viele können sie sich auch gar nicht leisten. Von den gering verdienenden Menschen hat nur jeder Vierte eine staatlich geförderte private Zusatzversorgung ("Riesterrente").

Diese schlechten Aussichten für die jüngere Generation sind nicht vertretbar. Es geht auch anders. Als Deutscher Gewerkschaftsbund haben wir ein Alternativkonzept vorgelegt, das es ermöglicht, den Beitrag zu begrenzen und gleichzeitig das Rentenniveau - auch für die Jungen - wenigstens auf dem heutigen Stand zu halten. Es ist eigentlich ganz einfach: Wenn der Beitragssatz zur Rentenversicherung jedes Jahr nur um je 0,1 Prozentpunkte für Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber angehoben würde, entstünden Reserven, aus denen die Stabilisierung des Rentenniveaus finanziert werden könnte. Die Spielräume wären sogar so groß, dass zusätzlich wirksame Maßnahmen für Rehabilitation und die Erwerbsminderungsrente finanziert werden könnten. Die Vorgabe, dass bis 2030 der Beitrag nicht über 22 Prozent steigen darf, wird eingehalten.

Auch wenn wir weitergehende Reformvorstellungen haben: Aus unserer Sicht ist dieses Finanzierungskonzept ein pragmatischer Weg, um die Alterssicherung für die junge Generation zumindest auf dem heutigen Niveau zu erhalten. Weitere Informationen zum DGB-Konzept gibt es unter: www.ichwillrente.net

Rente ohne Einbußen

Die von der Bundesregierung geplante Absenkung des Rentenbeitrags steht im Gegensatz zu dieser Lösung. Kurzfristig werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um ein paar Euro entlastet, langfristig büßen sie es bei ihrer Rente ein. Ein Durchschnittsverdiener hätte durch die Beitragssenkung 7,80 Euro pro Monat mehr und dafür später bei der Rente 158 Euro weniger. Deshalb lehnt der DGB die Beitragssenkung ab.

Um unsere Forderungen mit den Bundestagsabgeordneten und den Kandidaten der Parteien direkt zu diskutieren, haben wir alle zu einer "Schichtaktion" eingeladen. Ziel ist es, eine Schicht gemeinsam zu arbeiten und alle Fragen rund um die Rentenversicherung zu diskutieren, aber auch den Kolleginnen und Kollegen direkt die Möglichkeit zu geben, ihre Sorgen anzusprechen. Um die Auswirkungen der bisherigen Rentenreform greifbarer zu machen, werden wir mit konkreten Beispielen in die Öffentlichkeit gehen. Was bedeutet dies für Arbeitnehmer, wenn das Rentenniveau abgesenkt wird oder wenn man heute Erwerbsminderungsrente beantragen muss?

Aber wir brauchen eure Unterstützung: Diskutiert das Thema mit euren Kolleginnen und Kollegen im Betrieb. Macht sie darauf aufmerksam, wie teuer sie die Senkung der Beiträge langfristig bezahlen werden.

Rentenzahlen konkret

Maxi Mustermann verdient monatlich 2625 Euro (Durchschnittseinkommen) brutto. Minus 0,6 Prozentpunkte Rentenbeitrag bedeutet, sie hat monatlich 7,80 Euro mehr zum Leben. Wenn dafür das Rentenniveau auf 43 Prozent sinkt, bekäme sie anstatt 1122,37 Euro Rente nur 964 Euro. Das sind 158 Euro weniger im Monat.

Um das Rentenniveau zu halten, müsste sie - laut DGB-Modell - 0,1 Prozentpunkte mehr zahlen. Das sind 2,60 Euro im Monat.