Krankenhäuser gliedern immer mehr Dienstleistungen in eigene Gesellschaften aus. Mit dem Argument, die Kosten senken zu wollen, drücken sie Gehälter und Arbeitsbedingungen

von Heike Langenberg

6,90 Euro brutto pro Stunde bekommt Susanne Feist*. Sie arbeitet als Stationshilfe in einem Schweriner Krankenhaus. Sie bringt Essen zu den Patient/innen, sammelt die leeren Teller wieder ein und bringt Getränke. Früher hat sie elf Euro verdient. Doch dann hat die Stadt das Krankenhaus an den zu Fresenius gehörenden Krankenhauskonzern Helios verkauft. Der hat die sogenannten Servicekräfte in die Tochterfirma Helios Service Nord (HSN) ausgegliedert - und dabei kurzerhand die Gehälter abgesenkt. Jetzt kämpfen die Beschäftigten mit Unterstützung von ver.di um bessere Arbeitsbedingungen und höhere Gehälter. 8,50 Euro pro Stunde sollen es mindestens sein.

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, gingen die Beschäftigten am 30. Juli in einen ersten Warnstreik. Vier Tage später teilte ihnen der Arbeitgeber bei einer Dienstversammlung mit, er wolle HSN neu organisieren. Die Beschäftigten sollen je nach Tätigkeit auf sechs neue Gesellschaften verteilt werden. Der Lohn soll allerdings so niedrig bleiben wie bisher. Und durch die neue Struktur droht für ver.di auch der Partner für die Tarifverhandlungen zu entschwinden.

Nicht gerade zimperlich

Offiziell sagt der Arbeitgeber, die Umstrukturierung sei aus wirtschaftlichen Gründen lange geplant gewesen. Doch das will Oliver Dilcher, der für ver.di die Verhandlungen führt, nicht glauben. Denn schon im Sommer erhielten die rund 1000 Beschäftigten der Zentralen Service-Gesellschaft der auch zu Helios gehörenden Damp-Kliniken mitten im Tarifkonflikt ebenfalls die Kündigung. Und ihnen wurde ebenso in Aussicht gestellt, ein Teil der Belegschaft werde in einer neuen Service-Gesellschaft gebraucht. Auch bei anderen Servicegesellschaften privater Klinikkonzerne reagieren die Arbeitgeber nicht gerade zimperlich auf die Forderungen ihrer Beschäftigten, neben Helios nennt Dilcher hier Asklepios. Hier führt ver.di aktuell bei der Nordseeklinik auf Sylt einen langwierigen Konflikt (ver.di PUBLIK berichtete).

"Sobald wir in einem Betrieb eine gewisse gewerkschaftliche Mächtigkeit erreicht haben, nimmt die Firma die Servicegesellschaft vom Markt, und wir müssen von vorne anfangen", sagt Oliver Dilcher. Es sei die Frage, inwieweit es zulässig sei, mit Gesellschaftsrecht das Streikrecht auszuhebeln. Denn im Arbeitsrecht ist ein Konzern keine Einheit, hier wird jede Gesellschaft einzeln betrachtet und kann eigene tarifliche Regelungen vereinbaren oder auch nicht. Das ist im Steuerrecht anders, hier gilt der Konzern als Einheit.

Da das Vorgehen der Arbeitgeber erst in der letzten Zeit so vehement geworden ist, gibt es noch keine rechtliche Klärung. ver.di will jetzt erst einmal die Geschäftsführer der neuen Gesellschaften anschreiben und mit ihnen den begonnenen Tarifkonflikt beenden. Doch schwierig sei das auch, weil nicht alle Mitglieder auch zu den neuen Gesellschaften übergehen würden, sagt Dilcher. Und die Beschäftigten der neuen Gesellschaften seien oft zurückhaltend, denn der Arbeitgeber habe ihnen gerade den Eindruck vermittelt, sie seien mit ihren Forderungen "schuld" daran, dass die Firma aufgelöst und in anderer Form neu gegründet werde.

Über Servicegesellschaften versuchen Kliniken seit rund zehn Jahren, ihre Kosten zu drücken, private wie öffentliche. "Im Prinzip arbeiten alle mit diesen Ausgliederungen, allerdings sind die Bedingungen unterschiedlich", hat Dilcher festgestellt. Bei kommunal geführten Häusern könne man über die Öffentlichkeit und die Politik vor Ort oft bessere Arbeitsbedingungen durchsetzen als in den privaten. Private Arbeitgeber reagierten auf öffentlichen Druck höchstens, wenn er so groß werde wie in Damp und dem Unternehmen ein beträchtlicher Imageschaden drohe.

hla

Name geändert