Ausgabe 08/2012
Der Bock würde zum Gärtner
Sabine Reiner leitet bei ver.di den Bereich Wirtschaftspolitik
Die Staatsanwaltschaft in Bochum hat es gerade wieder bewiesen: Steuer-CDs sind eine äußerst einträgliche Quelle, um Schwarzgeld ans Licht und hinterzogene Steuern in ausgeplünderte Staatskassen zu bringen. Anfang Dezember gab die Staatsanwaltschaft bekannt, dass sie aus einer CD mit Daten über deutsche Kunden der Schweizer UBS Einnahmen von mindestens 200 Millionen Euro erwartet. Bekanntlich hat Nordrhein-Westfalen in den letzten Monaten mehrere solcher CDs erstanden. Insgesamt kamen durch Steuer-CDs seit 2010 in NRW bisher 640 Millionen Euro zusammen. Das ist weit mehr, als das Bundesland an Einnahmen aus einer Umsetzung des geplanten deutsch-schweizerischen Steuerabkommens erwartet.
Mehr als die Hälfte der bisherigen Zusatzeinnahmen sind Ergebnis von Selbstanzeigen. Steuerbetrüger, so sollte man meinen, bekommen angesichts der Gefahr aufzufliegen langsam kalte Füße und holen verschobene Vermögen zurück. Doch weit gefehlt: Die jetzt ausgewertete CD enthält Daten von 1300 Fällen, davon war nur in 135 Fällen zuvor Selbstanzeige erstattet worden. Offenbar setzen die meisten Steuerbetrüger noch immer ihre Hoffnung in das deutsch-schweizerische Steuerabkommen. Der Bundesrat hat es zwar platzen lassen, doch jetzt ist es im Vermittlungsausschuss. Noch droht die Gefahr, dass Finanzminister Schäuble es bei einem Kuhhandel mit verschiedenen Gesetzesvorhaben durchdrückt. Für die öffentlichen Kassen wäre das fatal, für Steuerbetrüger ein Grund zu feiern. Steuerhinterziehung würde legalisiert, CDs dürften nicht mehr gekauft werden und Steuerflüchtlinge blieben weiterhin in Anonymität. Schweizer Banker würden sich lediglich verpflichten, Steuern auf Kapitaleinkünfte von Bundesbürgern zu erheben und nach Deutschland zu überweisen. Der Bock würde zum Gärtner.
Ein Abkommen muss automatischen Informationsaustausch beinhalten und darf nicht Anonymität festschreiben. Sonst ist es schlechter als kein Abkommen. Das sehen übrigens auch unsere Kolleginnen und Kollegen in der Schweiz so.