Bernhard Jirku ist bei ver.di zuständig für Arbeitsmarktpolitik

Wahrlich kein Wunder, wenn die Stromtarife um rund 50 Prozent steigen, die Löhne und Renten aber real um etwa zehn Prozent sinken - kein Wunder, dass immer mehr Haushalte bei den Energieversorgern in der Kreide stehen. Geringverdiener/innen, Familien und Rentner/innen ebenso wie Menschen in Hartz IV. Was ihnen fehlt: ein gesetzlicher Mindestlohn und allgemeinverbindliche Tarifverträge, mehr gute Arbeit und bessere sozialgesetzliche Renten, eine bessere soziale Mindestsicherung und eine kostenfreie oder preisgünstig zugängliche öffentliche Infrastruktur. Und eine sozial-ökologisch ausgerichtete, moderne Energieversorgung.

Nach besonderen, ermäßigten Stromtarifen wird jetzt gerufen. Die gibt es schon, aber nur für Großunternehmen. Eigentlich nur für diejenigen, die, wie die Aluminiumhütten, für ihre Produktion einen enormen Energieverbrauch haben. Doch das Wirtschaftsministerium hat es im Laufe der Jahre geschafft, die Zahl der begünstigten Firmen um mehr als das Zehnfache auszuweiten. Die Zeche zahlen andere Unternehmen. Und Otto Normalverbraucher, Familien und arme Leute, denen man obendrein Löhne, Renten und soziale Hilfen real gekürzt hat.

Es wird über unerträgliche Energiepreise gesprochen. Für die von Fukushima gebeutelten Atomriesen ist das eine neue Chance. Der Stau beim Energieumbau kommt ihnen gelegen. Was sie verschweigen: Ihre Gewinne kamen in den vergangenen Jahren weniger den Privathaushalten zu Gute als vielmehr den Börsen, an denen sie notiert sind. Gewinne und Vermögen sind in den vergangenen zehn Jahren in die Höhe geschossen. Was sie außerdem verschweigen: Die Zeche für die Asse und die Endlagerung zahlen nicht sie, sondern Lieschen Müller und die Unternehmen. Zwar nicht über den Strompreis, sondern über Steuermilliarden, die für radioaktive Hinterlassenschaften auf Jahrhunderte hinaus benötigt werden. Je schneller die Energiewende kommt, desto sicherer - und billiger.