Jede Stimme zählt, wenn am 22. September ein neuer Bundestag gewählt wird. Für eine neue Ordnung am Arbeitsmarkt, für mehr Steuergerechtigkeit, für Sicherheit im Alter

von Frank Bsirske

Ein unbefristeter Arbeitsvertrag, die Stelle sozialversicherungspflichtig und tarifgemäß bezahlt, inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Eine Arbeit mit Entwicklungschancen: Vielen Menschen im Deutschland des Jahres 2013 klingt das im Ohr wie die Verheißung eines satten Lottogewinns - ein schöner Traum, aber eben nur ein Traum. Die Zahl der regulären Arbeitsverhältnisse mit einem Lohn, von dem sich nicht nur überleben, sondern anständig leben lässt, ist in den letzten Jahren rapide zurückgegangen. Weit ins Land hinein gefressen hat sich dagegen die prekäre Beschäftigung: befristete Verträge, Leiharbeit, Scheinwerkverträge, Teilzeit wider Willen, Mini-Jobs - und all das nur zu oft zu einem Niedriglohn.

Jede/r fünfte Beschäftigte in unserem Land, das sind knapp sieben Millionen Menschen, bekommt weniger als 8,50 Euro für die Stunde. Darunter drei Millionen Beschäftigte, die nicht einmal auf einen Stundenlohn von sechs Euro kommen. Das hat eine Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen ergeben. Bei den Niedriglöhnen liegt Deutschland im europäischen Vergleich weit vorne, nur in Litauen ist der Anteil der Geringverdiener in der Bevölkerung noch größer, das hat jetzt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit festgestellt. Ein bitterer Rekord.

In unserem Land ist manches aus den Fugen geraten

Weil der geringe Verdienst zum Leben nicht reicht, müssen hunderttausende von Beschäftigten in Deutschland zusätzlich staatliche Hilfe beantragen. Allein in den fünf Jahren zwischen 2005 und 2010 hat der Staat 50 Milliarden Euro für die Aufstockung der Niedriglöhne gezahlt, wie aus Zahlen des Bundesarbeitsministeriums hervorgeht.

Die Folge: Post-Beschäftigte und Karstadt-Verkäufer/innen zum Beispiel subventionieren die Armutslöhne der Konkurrenzunternehmen, um anschließend erleben zu müssen, dass ihnen das Armutslohnniveau der Konkurrenz als Wettbewerbsvorteil von ihren Unternehmen entgegengehalten und als Argument genutzt wird, auch ihre Löhne zu drücken.

In unserem Land ist manches aus den Fugen geraten, was dringend korrigiert gehört. Insbesondere die fortgesetzte Fehlentwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Ein erster Schritt wäre die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns, wie ihn ver.di seit vielen Jahren fordert. Die schwarz-gelbe Bundesregierung jedoch lehnt eine einheitliche gesetzliche Regelung ab. Schon das muss uns Grund genug sein, am 22. September wählen zu gehen. Wählen gehen, damit es ein Ende hat mit der prekären Arbeit zum Hungerlohn.

Auch, weil wir wissen: Aus Lohnarmut wird Altersarmut. Auch das ist ein Anschlag auf die Würde von Millionen Menschen in diesem Land. Nach einem meist langen Arbeitsleben werden sie zum Amt gehen müssen, um staatliche Hilfe zu beantragen, weil die Rente zum Leben nicht reicht. Oder sie sind gezwungen, sich bis ins hohe Alter ein Zubrot zu verdienen. Das aber kann es nicht sein. Der Altersarmut muss ein Riegel vorgeschoben werden. Auch deshalb ist es wichtig, am 22. September wählen zu gehen.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung jedoch bescheinigt sich selbst eine geradezu tadellose Politik. In ihrem Anfang Juli vorgelegten Sozialbericht heißt es: "Die Arbeitsmarktpolitik der Bundes- regierung ist (...) zukunftsfähig und kann die Herausforderungen am Arbeitsmarkt, die durch den Wandel der Arbeitswelt und den demografischen Wandel entstehen, aufgreifen und angehen." Mit der Rente mit 67 und weiterer Absenkung des gesetzlichen Rentenniveaus, so wie von Schwarz-Gelb geplant, geht das aber nicht. Grund genug, am 22. September wählen zu gehen.

Eines aber verspricht die schwarz-gelbe Bundesregierung in diesem Wahlkampf glaubhaft, schließlich hat sie es jahrelang unter Beweis gestellt: Ein Mehr an Steuergerechtigkeit wird mit ihr nicht zu machen sein. Eine Steuer auf große Vermögen, auf die Vermögen von Millionären und Milliardären, wie in Industrieländern üblich: Das ist mit Schwarz-Gelb trotz hoher Freibeträge nicht zu machen. Trotz eines stark unterfinanzierten Bildungssystems, trotz teilweise maroder öffentlicher Infrastruktur, maroder Straßen und Schulen und trotz großer Defizite bei der Versorgung Pflegebedürftiger. Lieber will man weiter Steueroase bleiben für Millionäre und Milliardäre und ihre Erben.

Gerecht geht anders. Grund genug, am 22. September wählen zu gehen. Denn wir haben die Wahl. Damit sich endlich etwas ändert.

"UmFAIRteilen - Reichtum besteuern!"

Am 14. September 2013, acht Tage vor der Bundestagswahl ruft das "Bündnis UmFAIRteilen" in Bochum zu einer bundesweiten Großdemonstration und in Berlin zu einer Menschenkette auf, mit der symbolisch der Reichtum im Land umverteilt werden soll.

Mehr und weitere Demos auf den Seiten B4+B5