Soll in Hamburg eine Pflegekammer eingeführt werden? Diese Frage wird in unserer Stadt in den nächsten Wochen heiß diskutiert werden. Die Behörde plant eine Abstimmung unter einem Teil der Pflegekräfte, von deren Votum sie die Einführung einer Pflegekammer abhängig machen will. Dazu sollen einige Pflegekräfte vorher informiert werden. Wenn sie sich dafür entscheiden, steht am Ende eine Kammer mit einer Zwangsmitgliedschaft und Beiträgen zwischen zehn und zwölf Euro für Vollzeitbeschäftigte, acht Euro für Teilzeitbeschäftigte sowie 25 Euro für Beschäftigte in höheren Leitungsfunktionen.

Gut eingesetztes Geld? Das muss jede und jeder selbst entscheiden. Bei der Entscheidung hilft vielleicht die Information, was eine Pflegekammer nicht kann: Einfluss auf die Arbeitsbedingungen vor Ort nehmen, Tarifverhandlungen führen, also Lohn und Gehalt und eine qualitative Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Verringerung der Belastungen aushandeln, eine Altersversorgung aufbauen. All das bleibt weiter Aufgabe der Gewerkschaften und auch der Betriebsräte. Auch die Kontrolle der Qualität in den Einrichtungen und Betrieben ist nicht Aufgabe der Kammer.

Staatlich oder privat?

Kammern sind ursprünglich Organisationen von Selbstständigen, in denen Freiberufler ihre Angelegenheiten geregelt haben. Auch die Pflegekammer soll eine Berufsordnung erlassen (die es aber auch jetzt schon gibt) und über eine Weiterbildungsordnung Standards und Qualitätskriterien definieren. Sie soll die verpflichtende Fortbildung kontrollieren und Fehlverhalten sanktionieren. Dies sind bislang staatliche Aufgaben, die nun an die Berufsangehörigen delegiert werden sollen, deren Erledigung sie aber auch selber bezahlen dürfen. ver.di steht diesem Ansinnen kritisch gegenüber, da dies letztendlich eine Privatisierung staatlicher Aufgaben ist.

Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden, und Pflegekräfte gehören bekanntlich nicht zu den Großverdienern. Deshalb lohnt sich schon die Überlegung, ob die staatlichen Aufgaben, die auch in anderen Angestelltenberufen staatlich geregelt werden, privat von den Berufsangehörigen zwangsweise bezahlt werden müssen oder ob ein Prozent des Gehaltes auf eigene Entscheidung durch Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft dazu eingesetzt werden soll, die eigenen Arbeits- und Lebensbedingungen nachhaltig zu verbessern.

Aber wer darf das eigentlich entscheiden? Nach der Planung der Behörde jedenfalls nicht alle, die nachher auch bezahlen müssen. In einer Meinungsumfrage sollen 1 000 Beschäftigte befragt werden, das Ergebnis soll dann aber für alle 25 000 Beschäftigten zwangsweise Anwendung finden. Damit greift die Behörde den Pflegekräften ins Portemonnaie. Wer diesen Weg für richtig hält, muss zumindest garantieren, dass die Menschen selber entscheiden dürfen, wer ihre Interessen vertreten soll. Wer zahlen muss, muss auch abstimmen dürfen!