66 Starke Thesen zum Euro ... - Zwischen Arbeitslosigkeit und der Höhe von Löhnen sehen viele Wirtschaftswissenschaftler einen engen Zusammenhang. Doch spätestens 2008, also mit Beginn der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise, wurde die Entkopplung offensichtlich. Weltweit stieg die Arbeitslosigkeit, doch in den Folgejahren sanken die Löhne immer weiter. Also kann es nicht sein, dass Menschen entlassen werden, weil die Arbeit zu teuer geworden ist. Also bringt es auch nichts, im Kampf gegen die hohe Arbeitslosigkeit weiter auf sinkende Löhne zu setzen. Deswegen hat sich der Wirtschaftswissenschaftler Heiner Flassbeck in seinem neuen Buch der 66 Thesen angenommen, die aktuell in der Wirtschaftswissenschaft weit verbreitet sind. Dabei geht es nicht nur um die Riester-Rente und die AfD, sondern auch um den Klimawandel, Angela Merkel und die Europapolitik. Entstanden sind 66 kurze, knappe Kapitel, die leicht zu lesen und gut zu verstehen sind. Er setzt die Beharrlichkeit, mit der einige seiner Kolleg/innen an diese Thesen glauben und sie nicht in Frage stellen wollen, mit Religion gleich. Flassbeck selbst fordert mit seinem Buch jedoch ausdrücklich dazu auf, diese Thesen zu hinterfragen. Er kritisiert die Unfähigkeit zum Dialog, ein Dialog, der sich auf Basis seines Buches gut führen ließe. "Die ökonomische Theorie versagt - weil Gläubige nicht lernen wollen", ist Flassbecks These.

Heiner Flassbeck: 66 starke Thesen zum Euro, zur Wirtschaftspolitik und zum deutschen Wesen, Westend-Verlag, Frankfurt/ Main, 224 Seiten, 14,99 Euro, ISBN 978-3864890550


Bürgerarbeit - Hinter der Bürgerarbeit verbirgt sich offiziell ein hehres Ziel. Langzeitarbeitslose sollen mit ihr wieder den Weg zurück in den ersten Arbeitsmarkt finden. Bis es so weit ist, sollen sie für wenig Geld Aufgaben im öffentlichen Sektor übernehmen. Aufgaben, die nicht zur öffentlichen Daseinsvorsorge zählen, die zusätzlich erledigt werden. Wer sich jetzt fragt, was das für Aufgaben sein sollen, stößt damit gleich ein Grundproblem der Bürgerarbeit an. Denn was ist zusätzlich? Viele Kommunen haben die Bürgerarbeit genutzt, um in Zeiten von klammen Haushalten überhaupt noch handlungsfähig zu sein. Denn was ist das, wenn Langzeitarbeitslose öffentliche Grünanlagen sauber halten sollen? Früher haben das die Mitarbeiter/innen des Grünflächenamts gemacht. Heute ist es eine zusätzliche Aufgabe geworden, weil sich die Stadt mangels Geld keinen Gärtner mehr leisten kann. In einer Studie haben die Wissenschaftler Wolfgang Richter und Irina Valley am Beispiel der Stadt Dortmund untersucht, ob Bürgerarbeit in dem von der Politik gewünschten Sinne funktioniert. Ihre Antwort, dass es nicht wie gewünscht klappt, ist wenig überraschend. Die Bürgerarbeiter/innen haben schnell immer mehr systemrelevante Aufgaben übernehmen müssen und so die Bürgerarbeit auch dazu beigetragen, dass sich der Niedriglohnsektor weiter ausbreitet. Übergänge in den ersten Arbeitsmarkt sind jedoch selten, stattdessen richten sich die Betroffenen in alltäglicher Ausgrenzung und Armut ein, zumal die Bürgerarbeit in einer langen Kette prekärer Beschäftigungsverhältnisse steht, die vor Jahren mit Ein-Euro-Jobs begonnen hat.

Wolfgang Richter, Irina Vellay: Bürgerarbeit. Teil der großen Umverteilung? Papyrossa-Verlag, Köln, 112 Seiten, 10 Euro, ISBN 978-3894385538


Wem gehört Deutschland? - Haben Sie auch 41 954 Euro zur freien Verfügung? Diese meldete die Berliner Tageszeitung Tagesspiegel im Herbst 2013 als den Betrag, über den jeder Deutsche als Geldvermögen verfügt. Haben Sie nicht? Klar, denn es fehlt der Hinweis, dass es sich um einen Durchschnittswert handelt. Und wenn wenige viel haben und viele wenig, wird klar, warum es auf deutschen Konten oft anders aussieht als in den diversen Statistiken, die zu diesem Thema veröffentlicht werden. Hinzu kommt, dass die Ergebnisse recht unterschiedlich ausfallen, weil zum Beispiel mal die vorhandenen Schulden nicht gegengerechnet werden. Das ist nur ein Beispiel für den Umgang mit Reichtum und Armut hierzulande. Der freie Journalist und politische Blogger Jens Berger, einer der Köpfe hinter www.nachdenkseiten.de, stellt in seinem Buch die Frage, wem die Republik denn eigentlich gehört. Klar ist, dass mit neoliberaler Politik in den vergangenen Jahrzehnten bewusst umverteilt worden ist, und zwar von unten nach oben. Auch die Hartz-Reformen und die Zunahme prekärer Arbeit sorgen dafür, dass es immer mehr Menschen gibt, die wenig haben, zu wenig für eine würdige Existenz in einem der vermeintlich reichsten Länder der Welt. In elf Kapiteln nimmt Berger den Bestand auf, liefert Fakten, weist auf Probleme hin und zeigt, wer denn eigentlich Deutschlands Vermögende sind und woher sie ihren Reichtum beziehen. Im zwölften Kapitel listet er 16 Punkte auf, die zu einer gerechteren und stabilen Gesellschaft führen. Da ist die Rücknahme der Hartz-Reformen ebenso mit dabei wie die Einführung einer Vermögenssteuer und die Abschaffung von Steuerschlupflöchern.

Jens Berger: Wem gehört Deutschland? Die wahren Machthaber und das Märchen vom Volksvermögen, Westend-Verlag, Frankfurt/Main, 218 Seiten, 17,99 Euro, ISBN 978-3864890536