Kolleg/innen einer Heilbronner H&M-Filiale protestieren still, aber entschieden gegen den Rausschmiss ihrer Betriebsratsvorsitzenden

von Petra Welzel

Rafael Mota Machado (27) arbeitet "sehr gern" bei H&M. Und er würde das auch sehr gern nach seinem unbezahlten Urlaub wieder tun. Wenn er diesen denn zur Fortsetzung seines Masterstudiums bekommen würde. Aber Rafael ist nicht nur ein geschätzter Mitarbeiter, sondern auch der Betriebsratsvorsitzende in einer Stuttgarter H&M-Filiale. Und in dieser Funktion nervt er seinen Arbeitgeber seit 2008 immer wieder, weil er sich für die Belange der Beschäftigten und nicht allein für den Umsatz des Unternehmens einsetzt. Doch damit soll jetzt Schluss sein. Nach einer mündlichen Zusage seiner Filialleiterin und seines Gebiets-Managers für die 11-monatige Auszeit soll er nun kündigen, er werde dann eine Zusage auf Wiedereinstellung erhalten. Dann aber könnten sie ihn nach einer erneuten Probezeit wieder entlassen und seine Ämter wäre er auch alle los. "Mein Name ist im ganzen Unternehmen bekannt. Ich bin nicht nur im Betriebsrat, sondern auch im Gesamtbetriebsrat und Wirtschaftsausschuss aktiv. Und das stößt denen da oben auf. Jetzt lassen sie mich gegen die Wand laufen."

Rafaels Fall ist einer von drei aktuellen Fällen, in denen der schwedische Modekonzern wieder einmal sein "völlig gestörtes Verhältnis zu Betriebsräten zeigt", wie es Johann Rösch von ver.di sagt, der viele Jahre lang den Konzern mit inzwischen 400 Filialen und 120 Betriebsräten betreut hat. "Obwohl H&M von deutschen Arbeitsgerichten immer wieder korrigiert worden ist, hat sich das Verhalten des Unternehmens und seine Einstellung zu Betriebsräten bedauerlicherweise nicht wirklich geändert", muss er feststellen. Einzelgespräche, Behinderungen von Betriebsrats- schulungen, Entgeltkürzungen und andere Schikanen seien alltäglich.

"Das hat System", sagt Markus Hoffmann-Achenbach von ver.di, der selbst von 1998 bis 2007 bei H&M in Berlin gearbeitet hat, Betriebsrat war und weiß, wovon er spricht: "Wer den Mund aufmacht, dem wird das Leben zur Hölle gemacht." Allein 37 Instanzen hat das Unternehmen bemüht, um Betriebsräten den freien Zugang ins Internet zu verwehren. Durchgesetzt hat es sich nicht.

Die Rechtsabteilung von H&M lässt nichts unversucht

Dennoch lässt die immer größer werdende Rechtsabteilung nichts unversucht. Inzwischen, so Hoffmann-Achenbachs Erfahrung, müssen sich alle Filialleiter/innen bei den Rechtsexperten rückversichern. So kam auch der Sinneswandel in Rafaels Fall. Seine Filialleiterin wurde von oben angewiesen, nur eine Eigenkündigung zu akzeptieren.

Seit bald zwei Jahren wehrt sich auch der Betriebsrat Damiano Quinto in Trier gegen seine Kündigung. Fünf Jahre lang galt er als vorbildlicher Mitarbeiter, dann initiierte er die Betriebsratswahl und steht seither auf der - man muss es so sagen - Abschussliste. Ayse aus einer Heilbronner H&M-Filiale streitet seit Wochen um ihre Entfristung. Ihr Vertrag wurde im Sommer nicht verlängert, obwohl sie im Geschäft gebraucht wird. Ihr Makel: Auch sie ist Betriebsratsvorsitzende und hat zu viel durchgesetzt, vor allem für Alleinerziehende. Dass es auch anders geht, zeigt derzeit die Modekette Wöhrl: In München und Berlin wurden gerade zwei Betriebsrätinnen entfristet.