Jens Berger betreibt im Internet den Politblog www. spiegelfechter.com und schreibt für www.nachdenkseiten.de

Der Fall Argentinien ist ein weiterer drastischer Beleg dafür, welchen Schaden ein außer Kontrolle geratener Finanzkapitalismus anrichtet. Einige wenige milliardenschwere Spekulanten zwingen ein ganzes Land in die Knie. Zu den Leidtragenden zählen jedoch auch die übrigen Gläubiger, die in jahrelangen Verhandlungen mit der argen-tinischen Regierung einen für beide Seiten tragbaren Vergleich ausgehandelt haben.

Es ist ja richtig, dass Gläubiger durch das Rechtssystem vor Schuldnern geschützt werden müssen, die die Spielregeln nicht einhalten. Umgekehrt müssen jedoch auch Schuldner vor allzu gierigen Gläubigern geschützt werden. Für Privatpersonen und Unternehmen ist das eine Selbstverständlichkeit. Ein allgemeinverbindliches Insolvenzrecht für Staaten gibt es jedoch nicht. Dieser in Teilen rechtsfreie Raum bietet den hoch spezialisierten Anwälten der Hedgefonds ausreichend Raum für Auslegungen, die dem gesunden Menschenverstand zuwiderlaufen.

Nicht alles, was Recht ist, ist auch rechtens. Es kann nicht sein, dass eine kleine, dafür aber umso gierigere Schar von Glücksrittern einen Vergleich außer Kraft setzt, den ein Staat mit mehr als 93 Prozent seiner Gläubiger geschlossen hat. In einem funktionierenden internationalen Rechtssystem sollten die Interessen der Allgemeinheit schwerer wiegen als die feuchten Renditeträume einzelner Kapitaleigner.

Argentinien ist dabei weiß Gott kein Einzelfall. Auch beim griechischen Schuldenschnitt gab es Hedgefonds, die sich bis heute nicht an der Umschuldung beteiligt haben und nun auf dem Rechtsweg Renditen in absurder Höhe einklagen wollen. Sollten diese Spekulanten sich ebenfalls vor lokalen Gerichten auf Basis von nationalen Gesetzen, die nicht für solche Fälle geschrieben wurden, durchsetzen, werden die europäischen Steuerzahler die Zeche zahlen müssen.

Es ist an der Zeit, sich über einen weltweit verbindlichen Rechtsrahmen für Staatsanleihen und eine Insolvenzordnung für Staaten Gedanken zu machen, um die aus dem Lot geratenen Kräfte verhältnisse zwischen Staaten und dem Finanzsektor wieder geradezurücken.