Ausgabe 01/2015
Der Kampf gegen sinkende Preise
Dierk Hirschel leitet beim ver.di-Bundesvorstand den Bereich Wirtschaftspolitik
Super Mario lässt Geld regnen. Europas Notenbanker kaufen künftig monatlich für 60 Milliarden Euro Staatspapiere. Präsident Mario Draghi und Kollegen wollen gigantische 1,1 Billionen Euro in den Wirtschaftskreislauf des Euro-Raums pumpen.
Die obersten Währungswächter kämpfen gegen purzelnde Preise. Im Euroland fallen die Preise aktuell um 0,2 Prozent. Mit Preisverfall ist nicht zu spaßen. Wenn Autos, Fernseher und Waschmaschinen allmonatlich billiger werden, verschieben die Verbraucher ihre Käufe in die ferne Zukunft. Auch Investitionen werden zurückgestellt. Dieser Käufer- und Investorenstreik drückt auf Umsatz und Gewinn. Zudem machen sinkende Preise den Schuldnern das Leben zur Hölle. Sie müssen real mehr zahlen, um ihre Kredite abzustottern. Folglich gehen immer mehr Privathaushalte und Unternehmen pleite. Das Sozialprodukt schrumpft und die Arbeitslosigkeit steigt. Kurzum: Deflation ist Gift für die Wirtschaft.
Der Präsident der Europäischen Zentralbank, EZB, kauft europäische Staatsanleihen, um deren Zinsen zu drücken, den Euro billiger zu machen und die Preise zu treiben. Dauerhaft niedrige Zinsen sollen Kreditvergabe und Investitionen anschieben. Ein schwächerer Euro soll eingeführte ausländische Waren verteuern und den allgemeinen Preisverfall stoppen. Die Politik des billigen Geldes soll die Wirtschaft ankurbeln und die Preise steigen lassen.
Hierzulande wird Mario Draghi von CDU, CSU, AFD, neoliberalen Ökonomen und der Bankenlobby für seine laxe Geldpolitik verprügelt. Die Tiefzinsen enteignen die Sparer, so der Vorwurf. Lebensversicherungen seien schon bald wertlos. Die Krisenländer würden zu einem Leben auf Pump verführt. Und die Geldspritzen lassen angeblich die Preise galoppieren.
Das ist alles Unsinn. Ohne die Politik des billigen Geldes wäre der Euro schon längst Geschichte. Lieber niedrigere Zinsen als noch mehr Arbeitslose. Draghis Geldregen schafft aber keine blühenden Landschaften. Billiges Geld allein kann den europaweiten Nachfragemangel nicht überwinden. Dafür braucht es steigende Löhne und mehr öffentliche Investitionen. Das geht aber nicht, wenn in Athen, Madrid und Rom die auch von der EZB bevorzugte neoliberale Schocktherapie fortgesetzt wird.