Maria Kniesburges ist die Chefredakteurin von ver.di publik

Wie viel unternehmerische Energie doch in all die ausgetüftelten Konzepte fließt, die einzig dazu dienen, die Löhne zu senken und die Rendite zu steigern. Meist heißt das dann "Zukunftskonzept". Oder auch "Sanierungsplan". Die Beschäftigten der Kaufhauskette Karstadt etwa haben eine lange und leidvolle Erfahrung mit den Taten ihres wechselnden Managements, Taten, die allesamt der Konsolidierung des Hauses dienen sollten, aber stets nur in die Streichung von Arbeitsplätzen und empfindliche Einbußen für die verbliebenen Beschäftigten mündeten.

Auch anno 2015 wird die Belegschaft wieder mit dem bekannten Geschäftsmodell überzogen: Personal einsparen und möglichst viele der verbleibenden Kolleginnen und Kollegen schlechter bezahlen. Von unternehmerischer Kreativität keine Spur. Wozu auch, wenn es letztlich doch nur wieder um die Rendite des Investors geht.

Und auch ein Unternehmen wie die Deutsche Post AG, das über die Jahrzehnte tariftreu war, driftet gerade mutwillig in die Tarifflucht ab. Zuvor schon hat die Post geradezu schamlos das Instrument der Befristung gegen ihre Beschäftigten gewandt. Tausende befristete Verträge, obwohl etwa das Paketgeschäft gerade boomt und schon wegen der Ausweitung des Internethandels absehbar auch nicht kleiner wird. Nun also ein neuer Coup, wieder einmal ein "Zukunftskonzept": Große Bereiche des Paketgeschäfts werden ausgelagert, und die Beschäftigten in den neuen Firmen bekommen bis zu 20 Prozent weniger als nach dem Haustarifvertrag der Post.

Sozialpartnerschaft, Tariftreue - pure Sozialromantik. Und auch, dass ein Lohn zum Leben reichen und vor Altersarmut schützen sollte, ist hierzulande in Wirtschaft und Politik längst kein gesellschaftspolitischer Konsens mehr. Das zeigt sich in diesen Tagen besonders daran, mit welch nahezu wütender Energie und düsteren Vorhersagen arbeitenden Menschen der gesetzliche Mindestlohn von gerade einmal 8,50 Euro vorenthalten werden soll. Zukunftsmodell Deutschland eben.