Ausgabe 02/2015
Alt Mietbremse getarnte Nebelkerze
Als Mietbremse getarnte Nebelkerze
Maria Kniesburges ist Chefredakteurin von ver.di publik
Was für ein großes Theater. Die einen sagen den Zusammenbruch der Wohnungswirtschaft, also sozusagen einstürzende Neubauten voraus. Die anderen prophezeien gleichermaßen lauthals paradiesische Zustände im Land, nämlich bezahlbaren Wohnraum. All das soll ein soeben von Schwarz-Rot verabschiedetes Gesetz bewirken, das unter dem populären Namen "Mietpreisbremse" daherkommt. Ein Etikett, das weitaus mehr verspricht, als drin ist im Paket.
Kern des Gesetzeswerks: Künftig soll die neue Miete bei Mieterwechsel nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Hört sich gut an? Kann aber teuer werden. Je nachdem, wie hoch die jeweils ortsübliche Vergleichsmiete schon geklettert ist, können zehn Prozent für Durchschnittsverdiener ziemlich schmerzhaft, wenn nicht gar unbezahlbar sein. Und wie der Eigentümerverband "Haus und Grund" gerade erst ermittelt hat, haben rund 45 Prozent der privaten Vermieter in den letzten zwei Jahren die Mieten erhöht. Fataler noch: Für neu gebaute oder grundsanierte Wohnungen gilt das neue Gesetz und somit auch die Zehn-Prozent-Grenze nicht. Da können die Mieten weiterhin ganz ungebremst in abenteuerliche Höhen schnellen. Was wiederum die ortsüblichen Vergleichsmieten mit in die Höhe reißen wird. Und laufende Mietverträge mit unsittlichen Wuchermieten werden von dem Gesetz ohnehin nicht berührt. Auch bleibt abzuwarten, in welchen Städten und Regionen im Land das neue Gesetz überhaupt zur Anwendung kommen wird, denn das liegt in der Entscheidungshoheit der Bundesländer.
Dem Drama auf den Wohnungsmärkten wird diese, als Mietbremse getarnte Nebelkerze kein Ende setzen. Sie wird die Not vermutlich nichtmals dämpfen können. Nötig ist die Rückkehr zum sozialen Wohnungsbau, zu Wohnungen in öffentlicher Hand. In Berlin bereiten Bürgerinitiativen gerade einen Mieten-Volksentscheid vor, für bezahlbare Mieten im öffentlich kontrollierten Wohnungsbestand. Damit sich endlich wirklich etwas tut.