Marion Lühring ist Redakteurin bei ver.di publik

Wer ehrliche Antworten erwartet auf die Frage, wie es den Beschäftigten in Deutschlands Betrieben und Dienststellen geht, muss nur ab und zu in den DGB-Index für Gute Arbeit schauen. Was alles an den Arbeitsplätzen schlecht läuft und der Gesundheit abträglich ist, darüber liefert das Messinstrument nämlich verlässliche Daten und Fakten. Man könnte den Index auch als Fieberthermometer für belastende Faktoren im Job bezeichnen.

Meist fehlt es an genügend Personal. Zeitmangel und Arbeitshetze bestimmen immer mehr den Arbeitsalltag. Beispielsweise in Krankenhäusern: Dort fehlen 162.000 Beschäftigte, 70.000 allein in der Pflege. Oder aber der Lohn reicht nicht zum Leben, schon gar nicht für eine vernünftige Rente später. Auch diese Aussicht ist sehr belastend. So geht es vielen Frauen im Sozial- und Erziehungsdienst, die momentan um eine Aufwertung ihrer Arbeit kämpfen. Auch fehlende Wertschätzung und unklare Prioritäten können belasten. Das kommt überall mal vor, doch wenn es zum Dauerthema am Arbeitsplatz wird, dann macht es krank.

Kinder wissen, was sie nicht wollen. Sie schmollen sofort, weinen oder schreien. Erwachsene hingegen gehen weiter tapfer zur Arbeit, fressen den Druck in sich hinein. Auf Dauer macht das die Gesundheit kaputt. Beim Gesundheitsschutz geht es deshalb nicht nur um die körperlichen Belastungen am Arbeitsplatz, ein rückenschonendes Heben oder die richtige Sitzposition vor dem Bildschirm, sondern auch um das, was lange Zeit nicht sichtbar wird. Deshalb verlangt das Arbeitsschutzgesetz seit zwei Jahren ausdrücklich, auch die psychischen Belastungen in den Blick zu nehmen.

Sicher sind viele Arbeitgeber nun gerne auf diesem Auge blind und bieten allenfalls Hüpfkurse gegen Rückenbeschwerden an. Doch es geht auch anders. Die Hamburger Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz hat es vorgemacht und ist einen anderen Weg gegangen: Sie hat mit Hilfe des DGB-Index-Verfahrens für Gute Arbeit eine Gefährdungsbeurteilung vorgenommen und ihre Beschäftigen gefragt, wie es ihnen geht. Und da die Frage ernst gemeint war, bekam sie auch ehrliche Antworten und kann nun reagieren.

Interview Seite 6