In der öffentlichen Wahrnehmung kann der Eindruck entstehen, dass ver.di im Frühjahr 2015 zur Gewerkschaft geworden ist, die es nur noch auf Streiks abgesehen hat. Die Realität ist aber eine ganz andere: Die Auseinandersetzungen in den Tarifverhandlungen sind deutlich härter geworden. Lösungen sind kaum mehr am Verhandlungstisch zu erzielen.

Die Beschäftigten des Freistaats Bayern mussten an zwei Tagen streiken, um Verschlechterungen ihrer künftigen Altersversorgung abzuwehren. Am Ende waren sie erfolgreich.

Die Briefzusteller streiken gegen eine Lohnkürzung auf die kalte Art. Die Deutsche Post AG will sie in den billigeren Tarifvertrag für das Speditions- und Transportgewerbe überführen.

Die Deutsche Bank, der ja jetzt die Postbank samt den uns bekannten Postfilialen gehört, will die Postbank und die Filialen wieder verkaufen oder abspalten. Die Forderung nach einem Kündigungsschutz ignorieren die Herren von der Deutschen Bank. Die richtige Antwort der Betroffenen: Streik.

Der Gelddrucker Giesecke & Devrient will in München bis Ende des Jahres rund 800 Arbeitsplätze abbauen, obwohl das Unternehmen nach wie vor gute Gewinne erwirtschaftet. Der Betriebsrat hat ein Alternativkonzept zum Erhalt der Arbeitsplätze erstellt. Die Geschäftsführung will darauf nicht eingehen. Ohne Streik hätten die Beschäftigten schon verloren.

Letztes Mittel Streik

Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst fordern endlich eine Aufwertung ihrer professionellen Arbeit, die sie tagtäglich leisten. Arbeit mit und für die Menschen muss endlich besser bezahlt werden. Die Verantwortlichen in den Kommunen aber sagen: "Nein, das wollen wir nicht bezahlen." Auch diese Auseinandersetzung ist ohne Streik nicht zu gewinnen.

Erzieherinnen, Pflegekräfte, Gelddrucker: Immer mehr Beschäftigte machen ihre Anliegen und Proteste öffentlich

In den Betrieben und inzwischen leider auch im Öffentlichen Dienst zählen nur mehr betriebswirtschaftliche Kennzahlen. Der Mensch ist zum Kostenfaktor geworden, der die Gewinne schmälert. Die Folge daraus: Die Reichen in Deutschland werden immer reicher und die, die wenig haben, können sich immer weniger leisten.

Das einzige Kampfmittel, das die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben, ist das Mittel des Streiks. Im Streik kommen die Beschäftigten der Pflicht aus ihrem Arbeitsvertrag, nämlich ihre Arbeitskraft anzubieten, nicht nach. Sie legen im wahrsten Sinne des Wortes ihre Arbeit nieder.

Der Blick in die Zukunft lässt vermuten: Die Streikbewegung des Frühjahrs 2015 wird sich auch noch in weiteren Branchen und Betrieben fortsetzen müssen.