Die von den Industriestaaten betriebene Politik ist zum großen Teil schuld an dem Flüchtlingselend. Mit dem Motto "Wachsen oder Weichen" wurde einst die Landwirtschaft vom Familienbetrieb zur Agrarfabrik gedrängt, mit üblen Nebenwirkungen. Heute heißt es für die Länder der Erde "Wachsen oder zugrunde gehen". Wer technisch hochgerüstet ist, produziert massenhaft, erobert Märkte und gleicht das Wegrationalisieren von Arbeitsplätzen durch den Exportüberschuss anderer Branchen wieder aus. Deutsche Exporte im Wert von Hunderten von Milliarden Euro jährlich bringt anderen Ländern Verschuldung, Arbeitslosigkeit, Elend, Chaos, Diktaturen und Bürgerkriege.

Der globalisierte Weltmarkt ist heute eine Kampfarena auf Leben und Tod. Der dort stattfindende Wirtschaftsimperialismus muss geächtet werden, so wie auch Angriffskriege geächtet wurden. Nicht Planwirtschaft, aber Vernunft und Verantwortung müssen die Wirtschaft in geordnete Bahnen lenken. Stattdessen will man Schiffe versenken, was gegen das Völkerrecht verstößt, und plant weitere Freihandelsabkommen inklusive Demokratieabbau, um den Raubzügen des großen Geldes noch die letzten Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Hans Oette, Neuenstadt am Kocher


Thema "Die Arbeit der anderen", ver.di publik 3_2015

Die Post, die Bahn, die Piloten und jetzt streiken auch noch die Kindertagesstätten? Muss das wirklich sein? Bevor ich mich der Stimmungsmache einiger aufgebrachter Mitmenschen anschließe, habe ich mich aufgemacht, um mehr zu erfahren. Denn Fakten eignen sich noch immer am besten, um sich eine Meinung zu bilden.

In Kindertagesstätten werden heute Kinder in ihren Anlagen und Entwicklungsstufen ganzheitlich und individuell gefördert. Ihre Ressourcen und nicht ihre Defizite stehen dabei im Vordergrund. Kindergartentanten waren gestern, heute erleben wir pädagogische Fachkräfte in der Praxis. Sie erziehen, bilden, pflegen, dokumentieren, beraten, verwalten, organisieren, vermitteln, arbeiten am Computer, bilden aus und veranstalten Events unterschiedlicher Art. Trotz dieser zusätzlichen Anforderungen wenden sie sich einfühlsam und hochkompetent den Kindern zu, während die Eltern Geld verdienen. Das alles geschieht scheinbar aus innerer Berufung heraus, oft sind die Ehemänner der Erzieherinnen auch die inoffiziellen Hausmeister, und nicht selten geht das ein oder andere Teil des privaten Hausstandes in den Kindergarten über. Der reine Verdienst kann es nicht sein, der das pädagogische Personal zum Handeln motiviert, denn im Vergleich zu den Anforderungen der letzten Jahre ist der Lohn nicht gestiegen. Somit ist es wie in vielen Berufen, welche für unsere Gesellschaft heute so wichtig sind. Egal, ob es um Bildung und Erziehung oder Kranken- und Altenpflege geht, die Stützpfeiler der Gesellschaft werden mit Groschen abgespeist. Wenn ich demnächst wieder in eine Streikdiskussion gerate, werde ich auf der Seite derer stehen, die endlich aufstehen, um ihr Berufsbild und somit stellvertretend alle sogenannten "Frauenberufe" aufzuwerten. Es ist eine Protestwelle, die längst überfällig war und uns demütig machen sollte vor dem, was unsere Mitmenschen bisher stillschweigend und wie selbstverständlich für uns alle leisteten. Ich gönne ihnen eine adäquate Bezahlung und zolle ihnen die Anerkennung, die sie verdienen.

Birgit Pils, per E-Mail

Unsere Tochter möchte Erzieherin werden. Zunächst fanden wir Eltern die Entscheidung nicht schlecht, denn sie verdient sich ihr Taschengeld bereits als Babysitter und dies bereitet ihr große Freude. Auch ihre Hobbys wie Malen, Musik und Tanzen kann sie sicherlich in diesem Berufsbild gut einsetzen. Also erkundigten wir uns über die Ausbildung zur Erzieherin und waren geschockt. Die Ausbildung dauert fünf Jahre, während der ersten vier Jahre verdienen die Auszubildenden kein Geld, die Vergütung im letzten Jahr ist so gering, dass es weder zum Leben noch zum Sterben reicht. Noch dazu gibt es nur wenige Plätze an staatlichen Fachschulen, die privaten erfordern allerdings entsprechendes Schulgeld. Dies können wir uns als Mittelstandsfamilie mit zwei Kindern kaum leisten. Die Gründe für die lange Dauer der Ausbildung leuchteten uns schnell ein, als wir das Anforderungsprofil an Erzieherinnen lasen. Unsere Kinder besuchten beide einen Kindergarten, was die Erzieherinnen leisteten, wurde uns erst so richtig bewusst, nachdem wir es nun von einer anderen Seite betrachten. Das Einsatzgebiet für Erzieherinnen ist groß, das Alter der Menschen, welche sie betreuen reicht von der Geburt bis zum Tod und umfasst nahezu alle bildenden, pflegerischen, erzieherischen und beratenden Tätigkeitsfelder in unserer Gesellschaft. Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung laufen sie in einer der Kategorien der meist gefährdesten Berufe. Erzieher sind hohen Erwartungen, großem Lärm, ständigem Stress und schwierigen Arbeitsbedingungen ausgesetzt. Dabei tragen sie eine Menge Verantwortung. Die Aufstiegs- und Karrierechancen sind dabei sehr überschaubar. Ein Erzieher kann es zum stellvertretenden Kindergartenleiter oder zum Leiter einer Einrichtung schaffen, dann ist schon Schluss. Hat er es bis dahin geschafft, steigt sein Gehalt im Gegensatz zu der Verantwortung aber nur minimal. Ich frage mich, nachdem ich das alles weiß, warum es immer noch Menschen gibt, die diesen Beruf ergreifen. Sie verzichten auf ein Gehalt, das eine Familie ernähren könnte, verzichten auf eine Karriere, riskieren ihre Gesundheit; aber wozu? Es muss Berufung sein, der innere Wunsch zu helfen und die Liebe zum Menschen. Gleichzeitig fürchte ich aber auch, dass zukünftige Generationen andere Beweggründe haben. Machen diesen Job irgendwann nur noch Menschen, die keine andere Wahl haben? Sollen diese dann unsere Kinder erziehen? Wenn sich nichts an der Vergütung und Anerkennung für dieses Berufsbild ändert, sehe ich schwarz. Meine Tochter wird diesen Weg nicht gehen. Wir möchten nicht, dass sie auf eine Berufskarriere verzichtet und die Kinder anderer Menschen betreut, damit diese wiederum Karriere und Familie vereinbaren können, dafür aber weder Anerkennung noch eine adäquate Vergütung erhält. Für unsere Tochter wünschen wir uns etwas Besseres und das wünschen wir uns auch für all die selbstlosen Frauen und Männer, die ihr Leben diesem Beruf und somit unserer Gesellschaft verschrieben haben.

Kerstin Hoffmann, per E-Mail


Kommentar "Hüpfkurse allein tun es nicht", ver.di publik 3_2015

Als Sport- und Bewegungstherapeutin mit akademischer Ausbildung stößt mir Ihre Entwertung auf. Ich gebe Ihnen vollkommen Recht, dass eine einzelne Maßnahme nicht ausreicht, um Arbeitsbedingungen zu verbessern. Bewegungsorientierte betriebliche Gesundheitsförderung kann einen Einfluss ausüben auf die vielfältigen Erkrankungen, die durch unseren Lebensstil entstehen. Die Gefährdungsbeurteilung kann psychische Belastungen ausmachen: Es geht um ein Sowohl- als-auch! Und nebenbei: Sport- und Bewegungstherapeuten arbeiten ohne staatliche Anerkennung in vielen Einrichtungen in Deutschland. Wenn sie Glück haben, in einem gesicherten Beschäftigungsverhältnis, dann oft nur in Analogieeingruppierung trotz Studiums und umfangreicher Zusatzqualifikationen. Sehr oft erbringen sie ihre qualifizierte Arbeit, wie etwa im Präventionsbereich, nur auf Honorarbasis. Als langjährige Gewerkschafterin wünsche ich mir Solidarität und kein gegeneinander Ausspielen - das machen die Arbeitgeber schon.

Dörte Jack, Bielefeld


Thema "Podemos von unten nach oben", ver.di Publik 3_2015

Wie schön, dass Ihr einen Beitrag zu Podemos in Eurer Ausgabe habt! Zugleich ein kleiner Nachtrag. In diesem Artikel "Podemos ..." ist das spanische Wort podemos etwas hemdsärmelig und dürftig übersetzt; seine volle Bedeutung bleibt bei der rohen (wenngleich grammatisch korrekten) Übersetzung von "wir können" ganz unklar. Barack Obamas einstiger Wahlkampf-Slogan "Yes, we can" mitsamt seinem damals kämpferisch-demokratischen Impuls wurde (dem Sinn nach ganz richtig) mit "Podemos" ins Spanische übersetzt. Mit "Yes, we can!", mit dem Nimbus und der Erinnerung an diesen kämpferisch-optimistisch mitschwingenden Klang wäre das spanische Wort "podemos" richtig rückübersetzt. Es ist inzwischen auch der Name der demokratischen Bürger/innenbewegung, die sich erfreulicher Weise in einem Teil Spaniens auch bei den letzten Regionalwahlen durchgesetzt hat. Für künftige Beiträge über Podemos - die spanische Bewegung, von der wir hoffentlich auch in ver.di publik noch einiges hören und lesen werden, - wäre das nachzutragen. Wenn die wirkliche Bedeutung des Wortes Podemos dann auch deutschsprachige Leser/innen verinnerlichen, wird jede Erklärung überflüssig.

Claudia Stellmach, per E-Mail


Thema "Der Verkauf ist geplatzt", ver.di publik 3_2015

Ich sehe das Dilemma der SPD für das von Gabriel geführte Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) so: Kurzfristig versuchen, Arbeitsplätze zu retten, aber damit zugleich den langfristigen Konzentrationsprozess im Lebensmitteleinzelhandel zu fördern. Nachdem Edeka bereits die Daumenschrauben mit dem angedrohten Jobabbau angesetzt hat, wird Gabriels Sorge: "Einen zweiten Fall Schlecker können wir uns nicht leisten", zu der vom BMWi bereits angedeuteten "wohlwollenden" Prüfung einer Ministererlaubnis führen. Das bestätigt den Eindruck, dass im BMWi unter Gabriel der neoliberale Kurs der nach dem Regierungswechsel beibehaltenen Beamten keineswegs gestoppt wurde: Man lässt den Konzentrationsprozess laufen ("Monopole verschwinden auch wieder ..."), bis es für einen Eingriff aus "Gemeinwohlgründen" zu spät ist.

Dr. Rainer Feuerstack, per E-Mail


Unser Paternoster

Jetzt soll sogar die Paternosternutzung nur nach Einweisung zulässig sein! Was kommt da noch? Das Begehen von Treppen ist gefährlicher! Brauchen wir demnächst einen Treppenführerschein?

Der muss dann in Klassen aufgeteilt sein: Steile Treppen, flache Treppen (Barockformat), übliche Treppen. Dann gibt es noch Besonderheiten, denken wir an die Treppe des Pergamonaltars - wunderbar zu begehen. Diese war allerdings jahrelang gesperrt, bis Handläufe angebracht waren. Ach ja, Handläufe, die gibt es ja auch in verschiedenen Ausfertigungen, und bei breiten Treppen sind die Handläufe auch noch weit entfernt. Der bürokratische Ängstlichkeitswahnsinn kann sich austoben. Es ist schlimmer als in den USA, wo auf den Kaffeebechern "Inhalt ist heiß" stehen muss. Wir können die USA endlich überholen. Dort scheint nicht gefordert zu sein, dass Hämmer mit "Nicht auf den Daumen hauen" beschriftet sind. Mit einer solchen Aufschrift könnte doch Überholen ohne Einzuholen praktiziert werden. Der Paternosterführerschein ist so lachhaft, dass es zum Weinen ist.

Klaus Krause, Berlin


ver.di publik allgemein

Irgendwann habe ich begonnen, alle fixen Kosten zu überprüfen und zu streichen, da meine Rente niedriger ausfällt, als ich vermutet hatte. So stand die Mitgliedschaft von ver.di auch auf meiner Streichliste, obwohl ich ein schlechtes Gewissen hatte. Mein Vater, Jahrgang 1922, war ein "Erzgewerkschaftler". Er engagierte sich mit Herzblut. Für ihn war die damalige Eisenbahnergewerkschaft die beste Erfindung für die arbeitenden Menschen. Ich hatte das von Kindesbeinen stets von ihm gehört und so war es selbstverständlich, dass ich 1963 ebenfalls Mitglied wurde. Als ich nun die Kündigung abgeschickt hatte, überzeugte mich ein ver.di-Kollege davon, dass ich sie zurückziehen solle. Ich tat es! Heute habe ich wieder die publik gelesen und freue mich über diesen Schritt. Die Zeitung ist informativ, sie bringt Artikel, die erschüttern und erfreuen.

Danke für eure Arbeit im Sinne der Menschen. Das muss auch mal gesagtwerden!

Marie-Luise Wünnenberg, per E-Mail


Wir freuen uns über jeden Leserbrief. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. Leserbriefe geben nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder. ver.di publik Leserbriefe, 10112 Berlin, Fax 030 / 6956-3012, E-Mail: leserbriefe@verdi.de