Ausgabe 05/2015
Du, ich und unsere Nachbarn
Wir wollten es geflüchteten Menschen ermöglichen, ihre neuen Nachbarn kennenzulernen und Kontakte zu den Stuttgarter/innen zu knüpfen. Am 31. Mai veranstalteten wir, eine Gruppe von Unterstützer/innen, deshalb das Familienfest "you, me and our neighbours". Die Idee entwickelte sich aus einem persönlichen Anliegen. Wie andere Menschen auch hatte ich Hemmungen, mich einfach vor eine Unterkunft zu stellen und zu sagen: "Hallo, ich heiße Selina, wollen wir nicht mal einen Kaffee trinken?" (Mittlerweile weiß ich: Das wäre sehr gut angekommen!)
Nachdem wir ein Programm mit Vorträgen, Musik und Kinderbetreuung auf die Beine gestellt hatten, ging es um das Wichtigste: Die Menschen in ihren Unterkünften mussten mobilisiert werden. In persönlichen Gesprächen, mit diversen Texten in verschiedenen Sprachen und mit Händen und Füßen gelang es, das Anliegen zu vermitteln. Etwa fünfhundert geflüchtete Menschen kamen zum Fest und trafen auf ebenso viele interessierte Stuttgarter/ innen. Für Essen sorgten zahlreiche Spenden, für den Spaß der Kinder eine riesige Hüpfburg - und das Entscheidende: Neue und alte Nachbarn lernten sich tatsächlich kennen. Natürlich waren auch Mitglieder des ver.di-Migrationsausschusses vor Ort und berichteten in Gesprächen über ihre Arbeit und Hilfsmöglichkeiten.
Am nächsten Tag beim Besuch in einer Flüchtlingsunterkunft in Stuttgart Süd sagte eine Frau, ihre Kinder wollten gar nicht mehr in den Kindergarten, sie wollten wieder in die Hüpfburg. "Und", fügte sie hinzu, "wir sind am Mittwoch zum Essen bei einer jungen Familie gegenüber eingeladen. Das war so ein schöner Tag gestern."
Die geflüchteten Menschen haben oft Schreckliches erlebt. Es ist Aufgabe von uns allen, unseren neuen Nachbarn in schweren Zeiten zur Seite zu stehen. Gemeinsam können wir alle einen kleinen Teil dazu beitragen, das Leben dieser geflüchteten Menschen ein wenig angenehmer zu gestalten. Und es ist gut, bei solchen Aktivitäten auch auf die Unterstützung von ver.di zählen zu können.
Selina, die Autorin des Berichts ist ver.di-Mitglied und Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung