Pflegekräfte: Wollen den Personalmangel nicht länger auf Kosten ihrer Gesundheit wettmachen

von Christina Ernst und Rosemarie Medak

Mit der bislang größten Protestaktion im deutschen Gesundheitswesen hat ver.di auf den dramatischen Personalmangel in den Kliniken der Republik aufmerksam gemacht und die Politik nachdrücklich zum Handeln aufgefordert. Nach Berechnungen von ver.di fehlen in Krankenhäusern bundesweit 162.000 Stellen, darunter 70.000 Pflegerinnen und Pfleger. Bislang haben die Gesundheitspolitiker der Regierungsfraktionen nicht erkennen lassen, dass sie die Personalengpässe tatsächlich ernst nehmen. "Wer den Personalmangel kennt und nichts dagegen tut, nimmt die Gefährdung von Patienten wissentlich in Kauf", warnte ver.di- Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler anlässlich der Tagung der Gesundheitsminister von Bund und Ländern am 24. Juni 2015 in Bad Dürkheim.

"Alle reden von Qualität. Für gute Qualität braucht man aber ausreichend Personal. Wir brauchen jetzt endlich ein Gesetz für eine verbindliche Personalvorgabe mit entsprechender Finanzierung, um eine gute Patientenversorgung dauerhaft sicherzustellen", sagte Bühler. Das geplante Krankenhausstrukturgesetz reiche nicht einmal ansatzweise aus, um für eine ausreichende Versorgung im Sinne der Patienten und der Beschäftigten zu sorgen.

Am 24. Juni 2015 haben Beschäftigte aus mehr als 1300 Kliniken bundesweit mit einer symbolischen Aktion unter dem Motto "162.000 für 162.000" jede einzelne fehlende Stelle mit einer Ziffer kenntlich gemacht und vor ihren Krankenhäusern demonstriert. "Der Personalmangel ist in jedem Landkreis, in jeder Stadt landauf, landab deutlich geworden. Die Botschaft war unmissverständlich: Die Beschäftigten sind nicht länger bereit, den Personalmangel auf Kosten ihrer Gesundheit zu ertragen. Eine politische Lösung ist überfällig", sagte Bühler.

Im Bezirk Stuttgart beteiligten sich 15 Krankenhäuser an dieser Aktion: das Diakonie-Klinikum, die Klinik Schillerhöhe, Kliniken Schmieder, das Klinikum Ludwigsburg, Klinikum Stuttgart, Krankenhaus Bietigheim, Krankenhaus Herrenberg, Krankenhaus Leonberg, Krankenhaus Marbach, Krankenhaus Sindelfingen, Marienhospital, Robert-Bosch-Krankenhaus, die Rems-Murr-Klinik Schorndorf, Rems-Murr-Klinik Winnenden, ZfP Klinikum Schloß Winnenden.

Es brennt unter den Nägeln

Wie ernst die Personalnot in den Kliniken ist, verdeutlicht dabei auch die Tatsache, dass die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mit ver.di gemeinsam für mehr Personal eintritt. "Die Krankenhäuser brauchen eine bessere Personalausstattung und müssen diese auch finanzieren können. Die von der Bundesregierung geplante Reform wird jedoch die Personalsituation weiter verschärfen", erklärte Thomas Reumann, Präsident der DKG.

Am Nachmittag des 24. Juni wurde anlässlich der Tagung der Gesundheitsminister der "Bad Dürkheimer Appell" durch ver.di-Bundesvorstandsmitglied Bühler an die Politik übergeben. "Wir sind von der großen Beteiligung der Krankenhausbelegschaften überwältigt. Das zeigt, wie den Beschäftigten der Personalmangel unter den Nägeln brennt", betonte Bühler.