Zwei Jugendliche auf Abwegen, zwei von Frauen gezeichnete Comics - da bietet sich der Vergleich geradezu an. Alexandra Rügler erzählt die Lebensgeschichte des als barfüßigen Banditen bekannt gewordenen Colton Harris-Moore. Statt sich aber sklavisch an dessen spannender Biografie abzuarbeiten, auf die Hollywood bereits ein Auge geworfen hat, vertraut Rügler auf die erzählerische Kraft ihrer Bilder. Angelegt ist der rasante Trip in Bildern, die aussehen, als ob man einen 3D-Comic ohne Brille betrachten würde. Nur selten nutzt sie erklärende Texte, was dem rasanten Ablauf der Geschehnisse guttut und unmittelbar in die Welt des entwurzelten jungen Mannes hineinzieht. Zwielichtige Freunde und die Neigung zum Weglaufen vor Problemen begünstigen die kriminelle Karriere hier ebenso wie ein kaputtes Elternhaus. Am Ende erscheinen daher Flugzeugdiebstähle noch als beste Möglichkeit, um aus einem ungeliebten Leben abzuhauen.

Julian Volojs und Claudia Ahlerings Comic "Ghetto Brother" über ein einflussreiches Gangmitglied, aufgewachsen in der New Yorker Bronx, ist dagegen nur Durchschnitt. Zwar ist der mit Bezügen zu den Anfängen der Hiphop-Szene gespickte Lebenslauf von Benjamin Melendez ein gefundenes Fressen für jeden Biografen - nur nützt dies alles nichts, wenn man die Ereignisse wie im Geschichtsbuch brav auflistet und uninspiriert nachstellt. Gerade Melendez ́ ungewöhnlicher Lebensweg hätte eine wagemutigere Umsetzung verdient. Ahlerings Zeichnungen bleiben oft ungelenk, der Seitenaufbau wirkt uninspiriert, und Volojs Dramaturgie gleicht einer ZDF-History-Folge. Daher lieber auf YouTube nach Max H. Rehbeins Dokumentation "Lefty - Erinnerungen an einen Toten in Brooklyn" suchen. Oliver Ristau

ALEXANDRA RÜGLER, THE BALLAD OF THE BAREFOOT BANDIT, JAJA VERLAG, ISBN 978-3-943417-65-4, € 15,00

JULIAN VOLOJ/CLAUDIA AHLERING, GHETTO BROTHER, AVANT-VERLAG, ISBN 978-3-945034-19-4, € 19,95, ÜBERSETZUNG: JOHAN ULRICH & JULIAN VOLOJ, LETTERING: TIMET ELGREN