Arbeitsgericht Stuttgart gibt im Hauptsacheverfahren dem Betriebsrat der Stuttgarter Straßenbahn AG Recht und droht dem Unternehmen ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000 Euro bei Zuwiderhandlung an

Stuttgart - Die Stuttgarter Straßenbahnen AG, SSB, hatte mit dem Winterfahrplan 2014/2015 die Taktfrequenz derart zu Lasten von Pausen und Wendezeiten des Fahrdienstpersonals erhöht, dass Fahrerinnen und Fahrern selbst für den Gang auf die Toilette oftmals keine Zeit blieb. Zusätzlich zu dem Regelfahrplan führte die SSB ohne Zustimmung des Betriebsrats Dienstpläne für den "RadTourer" und für Großveranstaltungen wie bei der "Langen Nacht der Museen" oder dem Evangelischen Kirchentag ein.

"Der Betriebsrat hat seit Ende 2012 verhandelt und versucht, Dinge wie maximale Dienstdauer, Pausen oder Mindestlänge der Nachtruhe grundsätzlich zu regeln", sagt der Betriebsratsvorsitzende Klaus Felsmann, "aber der Vorstand war nicht bereit dazu". "Der Betriebsrat will unter anderem sicherstellen, dass die Fahrdienste ausgeglichen verteilt werden, und für die eingesetzten Kollegen darf ein Gang zur Toilette nicht an zu knappen Zeitvorgaben scheitern", sagt Thomas Asmus, der im Betriebsrat für die Dienstfahrpläne zuständig ist.

Das Arbeitsgericht Stuttgart hat jetzt in der Hauptsache in Bezug auf die Regeldienstfahrpläne und den Dienstplan "RadTourer" dem Betriebsrat vollständig Recht gegeben und der SSB die Verwendung der Fahrdienstpläne untersagt. Für den Fall einer weiteren Verwendung des Fahrdienstplans "RadTourer" hat das Gericht ein Ordnungsgeld von bis zu 10.000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung angedroht. "Die SSB hat das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt, indem sie die Dienstpläne ohne Zustimmung des Betriebsrats oder ersetzenden Spruch der Einigungsstelle verwendet. Und der Betriebsrat hat daher einen Anspruch darauf, dass es die SSB unterlässt, die nicht mitbestimmten Dienstpläne zu verwenden", so das Arbeitsgericht Stuttgart.

Die SSB hatte argumentiert, dass der Betriebsrat nur ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht bei den Fahrdienstplänen habe, weil die SSB ein Unternehmen der Daseinsvorsorge sei. Diese Argumentation ist jetzt vom Tisch. Der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Uwe Melzer, der den Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht vertreten hat, erklärt dazu, dass "das Arbeitsgericht Stuttgart der Rechtsauffassung des Betriebsrats gefolgt ist, wonach der Betriebsrat der SSB ein uneingeschränktes Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung und der Ausgestaltung der Dienstpläne des Fahrdienstpersonals hat. Die SSB muss sich jetzt mit dem Betriebsrat einigen oder sie muss im Falle einer Rechtskraft des Beschlusses des Arbeitsgerichtes für jeden Fall der Zuwiderhandlung mit einem Ordnungsgeld von bis zu 10.000 Euro rechnen."