Jede SMS wird gespeichert Bundestagsbeschluss trotz vieler Proteste

Trotz scharfer Kritik von Opposition, Datenschützern und Medienorganisationen hat der Bundestag am 16. Oktober eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung beschlossen. Mehrere Verfassungsklagen sind bereits angekündigt. Für das von der Bundesregierung eingebrachte "Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten" stimmten 404 Abgeordnete der Großen Koalition, obwohl am Vortag bekannt wurde, dass entgegen den datenschutzrechtlichen Vorschriften auch SMS-Inhalte zehn Wochen gespeichert werden, weil es technisch nicht anders möglich ist. Es gab 148 Gegenstimmen, vorwiegend von Linksfraktion und Grünen, sowie sieben Enthaltungen.

Ohne Resonanz seitens der Koalition blieb auch der erneute Protest von Journalisten- und Medienorganisationen wie der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und dem Deutschen Journalisten Verband (DJV), Arbeitgeberverbänden wie dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), dem Verband Deutscher Zeitungsverleger (VDZ) und dem Verband Deutscher Rundfunkt und Telemedien (VPRT) sowie der ARD gegen die Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung. Die vorgesehene Speicherung von Telefonnummern sowie IP-Adressen von zehn Wochen und Standortdaten von vier Wochen "schadet dem Informantenschutz und schränkt dadurch die Presse- und Rundfunkfreiheit in Deutschland in unvertretbarem Maße ein", hatten sie erklärt.

Der vorgesehene Schutz von Berufsgeheimnisträgern sei höchst unvollkommen und gefährde die journalistische Berichterstattungsfreiheit - einer der Gründe, weshalb der Europäische Gerichtshofs 2014 die europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung beanstandet und für ungültig erklärt hatte. "Sollte das Gesetz Realität werden, können Journalisten ihren Quellen keinen Schutz vor Aufdeckung mehr bieten", erklärten die Medienorganisationen. Sie lehnen auch die Strafvorschrift zur "Datenhehlerei" ab, die ebenfalls erheblich in den Schutz der journalistischen Arbeit eingreift.

Es hakt noch

Aber für die Bundesregierung sollte es bei der Vorratsdatenspeicherung 2.0 vor allem schnell gehen, denn es hakt in der Koalition bereits an vielen anderen Stellen. Nach dem Machtwort von SPD-Parteichef Sigmar Gabriel und dem Einknicken von Bundesjustizminister Heiko Maas, SPD, sollte das Gesetz eigentlich noch vor der Sommerpause den Bundestag passieren (siehe auch ver.di publik 4/2015). Doch dagegen gab es Widerstände in der SPD. Und dann wurde die Gesetzesinitiative auch noch wegen befürchteter Einwände der EU-Kommission zwischenzeitlich gestoppt.

Nachdem die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung den Bundestag - und den Bundesrat - passiert haben, bereitet der Verein Digitalcourage eine Verfassungsbeschwerde gegen das neue Gesetz vor. Unterschriften werden gesammelt unter http://digitalcourage.de/weg-mit-vds. Eine weitere ist seitens der FDP angekündigt.

Rüdiger Lühr