Da staunten die Kunden: Streik im Berliner Einkaufszentrum "Alexa"

Auch in Berlin gilt der Tarifvertrag für die Beschäftigten im Einzelhandel. Nur nicht überall. Die ver.di-Mitglieder unter den Beschäftigten der Body-Shop-Kette wollen durchsetzen, dass auch ihr Arbeitgeber den Tarifvertrag künftig anwendet - damit sie mehr verdienen. Und vor allem: "Damit die Bezahlung endlich transparent und gerecht wird", sagt Estera Masternak aus der ver.di-Tarifkommission. ver.di hat die Geschäftsführung zu Tarifverhandlungen aufgefordert - bisher vergeblich. Mit ver.di spreche man nicht, heißt es. Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber 2015 auch die Betriebsvereinbarung über den Einsatz an Sonn- und Feiertagen gekündigt hat, in der die Zuschläge für diese Zeiten geregelt werden.

Schöne Versprechen

1.700 Kundinnen haben die Petition der Body-Shop-Verkäuferinnen für bessere Bezahlung und Fairness schon nach dem fünften Warnstreiktag Mitte Januar unterschrieben. Und sicher sind auch ein paar männliche Kunden dabei. Aber die Läden sind vor allem "kleine Paradiese für Frauen", wie eine langjährige Stammkundin sagt. "Angenehm eingerichtet, mit sachkundigen Verkäuferinnen und mit meinen Lieblingsprodukten" - und mit dem Versprechen, besondere Qualität zu liefern. Das ursprünglich britische Unternehmen ging von Anfang an mit der Ansage auf den Markt, in der Entwicklung und Herstellung der Produkte ohne Tierversuche auszukommen. Das zog. Und wirkt bis heute.

Inzwischen ist The Body Shop seit 2006 Tochter des L'Oreal-Konzerns und wirbt nach wie vor mit der Einhaltung ethischer Grundsätze. Was sich auch auf die Beschäftigten bezieht. Deren Selbstachtung wolle man stärken, heißt es auf der Website. Man möchte ein "inspirierender Arbeitgeber ... sein, der Vielfalt, Toleranz und Eigenverantwortung fördert". Von den Beschäftigten wird erwartet, dass sie nicht nur Cremes über den Ladentisch reichen, sondern sachkundig beraten, schminken und natürlich erfolgreich verkaufen können. Da wird Leistung gefordert - bei einer Bezahlung weit unter dem geltenden Tarifvertrag für den Einzelhandel.

"Die Entlohnung ist so gering, dass die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro für viele eine spürbare Lohnerhöhung war", heißt es in der Petition. Die Kundinnen sollen erfahren, was hier hinter den Kulissen läuft. An die spätere Rente mögen die Aktiven bei ihren Löhnen am liebsten gar nicht denken.

Erschwerend wirkt sich aus, dass mehr als ein Drittel der Beschäftigten in Teilzeit oder Minijobs arbeitet. "Für manche Studentinnen, die nur nebenbei jobben, mag das okay sein", sagt eine Verkäuferin, "aber für alle anderen ..." Ihre Kollegin Tanja Krienke ergänzt: "Das muss man sich mal vorstellen: Du bist in deinem 15. Berufsjahr und gehst mit gerade mal 10 Euro netto pro Stunde nach Hause!"

"Das bringt mich auf!"

Tanja Krienke war an allen Streiktagen bisher dabei, auch wenn sie gerade frei hatte. "Wir sind zusammen von einem der Läden in Berlin zum anderen gezogen, das hat richtig Spaß gemacht!" Eine Kollegin stimmt zu, geärgert habe sie sich nur, "als Kollegen aus einem Laden rauskamen und sagten: ‚Na, Ihr macht das schon für mich mit!' Das bringt mich auf!" Alle würden schließlich gebraucht.

Denn der Konflikt geht weiter. Zwar hat der Arbeitgeber Ende Januar die Kündigung der Betriebsvereinbarung zurückgenommen - als Friedensangebot. "Er hat aber auch erklärt: Es wird auf keinen Fall mehr Geld geben als bisher", sagt die zuständige ver.di-Sekretärin Janet Dumann. "Sein ,Friedensangebot' hat also mit unserer Forderung nach einer gerechteren Bezahlung nichts zu tun!"

Im Februar entscheiden die ver.di-Mitglieder in den Berliner Body Shops, wie es weitergeht - und möglicherweise auch, wann sie wieder streiken. Nur dann werde sich etwas ändern, sagt Janet Dumann.

Claudia von Zglinicki


The Body Shop

98 Filialen bundesweit mit ca. 950 Beschäftigten 2 Betriebsräte, einer davon in Berlin-Brandenburg 8 Filialen in Berlin, zwei in Potsdam mit insgesamt 90 Beschäftigten, davon nur 16 in Vollzeit Für die gleiche Arbeit zahlt der Arbeitgeber Löhne zwischen 8,50 und 11,15 Euro, je nach Beschäftigtenstatus und Wohlwollen. Einstiegsgehalt in Berlin laut geltendem Tarifvertrag: 12,50 Euro, nach dem 7. Berufsjahr: 14,91 Euro

Petition: www.handel-bb.verdi.de