Das lange Hin und Her um Kaiser's-Tengelmann

Edeka darf die Supermarktkette nur unter bestimmten Auflagen übernehmen. ver.di fordert vor allem die Sicherung der Arbeitsplätze und den Verzicht auf Ausgliederungen

Das Ende der traditionsreichen Supermarktkette Kaiser's-Tengelmann (KT) ist bereits seit 2014 besiegelt; damals kündigte der Eigentümer Karl Erivan Haub an, die rund 450 KT-Filialen an den Marktführer Edeka zu verkaufen.

Nach der Ablehnung des Geschäfts durch das Bundeskartellamt und die Monopolkommission, dem darauf folgenden Antrag von Kaiser's-Tengelmann und Edeka auf eine Übernahmegenehmigung durch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und nach einer Anhörung im Ministerium kam es Mitte Januar zu einer Vorentscheidung des Ministers. Danach darf Edeka die Kaiser's-Tengelmann-Filialen übernehmen, wenn das Unternehmen strikte Auflagen ("aufschie- bende Bedingungen") einhält, die den rund 16.000 KT-Beschäftigten zugutekommen und die Beschäftigungssicherheit durch Tarifverträge ins Zentrum stellen. "Ohne das starke Engagement der Beschäftigten von Kaiser's-Tengelmann wäre das nie durchgesetzt worden", sagt Stefanie Nutzenberger aus dem ver.di-Bundesvorstand.

Fünf Jahre keine Schließungen

Laut der "aufschiebenden Bedingungen" soll tarifvertraglich fixiert werden, dass fünf Jahre lang keine der bisherigen KT-Filialen an selbstständige Kaufleute im Edeka-Verbund abgegeben werden. Für mindestens fünf Jahre sollen auch die bestehenden Betriebsratsstrukturen erhalten bleiben. Die zu Kaiser's-Tengelmann gehörenden Birkenhof-Fleischwerke dürfen frühestens nach drei Jahren ausgegliedert oder verkauft werden. Kaiser's-Tengelmann und Edeka hatten bisher die Schließung der drei Niederlassungen nach der Übernahme vorgesehen.

Schließlich soll die Übernahme nur zustande kommen, wenn alle Bedingungen des Wirtschaftsministeriums erfüllt sind. Es geht um "Beschäftigungssicherheit mit Rechtssicherheit, beschrieben in vier Forderungen: Sicherheit der Tarifverträge, Schutz durch Betriebsräte, nachhaltige Sicherung der Arbeitsplätze, keine Ausgliederung an selbstständige Kaufleute", erklärt Stefanie Nutzenberger. Das fordere die Gewerkschaft seit Beginn des Verkaufsprozesses.

Der Edeka-Verbund signalisierte auf seiner Website Akzeptanz der Bedingungen, will jedoch erst die Details prüfen, was bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen war. Auch die nicht zum Zuge gekommenen Kaufinteressenten, Lieferanten von Kaiser's-Tengelmann, sowie ver.di und die Gewerkschaft Nahrung - Genuss - Gaststätten nehmen noch Stellung zu dem geplanten Geschäft, bevor Minister Gabriel eine endgültige Entscheidung trifft.

Arbeitsplatzsicherheit auch für Jüngere

Die Kassiererin in einer Kaiser's-Filiale im Berliner Bezirk Wilmersdorf jedenfalls ist mit den Auflagen zufrieden. "Wenn es fünf Jahre Sicherheit für meinen Arbeitsplatz und für das Tarifentgelt gibt, dann ist das mehr, als ich erwartet hatte." Für Renate Krug (Name geändert) steht nach der Fünf-Jahres-Frist die Rente an, sodass sie von einer dann möglichen Privatisierung der Filiale nicht mehr tangiert wäre. Jüngere Beschäftigte hingegen wären von solchen Übertragungen der Filialen auf sogenannte selbstständige Kaufleute nach der Frist betroffen.

"Alle Beispiele der letzten Zeit zeigen: Privatisierung bringt in der Regel Nachteile für die Beschäftigten, da die Arbeitsverhältnisse unsicher werden und die Einkommen dann meist unter Tarif liegen", sagt Stefanie Nutzenberger. Deshalb stünden Tarifverträge und Betriebsräte bei ver.di im Fokus.

ver.di ist zu Verhandlungen bereit

Im gesamten Verkaufsprozess fällt auf, dass die Verbindung zwischen dem KT-Eigentümer Haub und Edeka schon lange intensiv zu sein scheint. Schließlich hatte Haub bereits das Gros der Discounterkette Plus an die Edeka-Tochter Netto verkauft. Und trotz vieler ernstzunehmender Interessenten an der KT-Übernahme - Edeka-Konkurrent Rewe hatte bereits im Sommer 2015 den Erhalt der Stellen und die Übernahme der Tarifverträge und Mitbestimmungsstrukturen zugesagt - konzentrierte Haub sich von Anfang an auf den Verkauf an Edeka und drohte andernfalls mit der Zerschlagung von Kaiser's-Tengelmann, dessen Filialen derzeit noch in Berlin, München und im Rheinland zu finden sind.

Seit Haubs Verkaufsabsicht bekannt wurde, hat die Gewerkschaft sich für ihre Forderungen eingesetzt. "Wir sind bereit, in die Verhandlungen einzusteigen, um Tarifverträge zu erreichen" sagt Stefanie Nutzenberger. "Die Kolleginnen und Kollegen bei Kaiser's Tengelmann haben mit ihrem bisherigen Einsatz jedenfalls schon eine Menge erreicht!"