Diakonie-Beschäftigte und Mitarbeiter/innen der Arbeiterwohlfahrt fordern einen einheitlichen Tarifvertrag

"Der Fachkräftemangel in der Pflege ist schon heute spürbar und wird sich in den nächsten Jahren deutlich verschärfen. Deshalb brauchen wir mehr junge Leute, die einen Pflegeberuf ergreifen wollen. Das können wir nur mit attraktiven Ausbildungsbedingungen erreichen und einem Tarifvertrag für die gesamte Branche", sagt Joachim Lüddecke vom ver.di-Fachbereich Gesundheitswesen auch nach bitteren Rückschlägen im Land Bremen und jetzt auch in Niedersachsen.

Fachlicher Rat wird einfach ignoriert

In der Hansestadt hatte es der Tarifausschuss mit fragwürdigen Begründungen abgelehnt, den Tarifvertrag für die Auszubildenden in der Altenpflege für allgemeinverbindlich zu erklären. Und Ende Januar fand der Antrag auf Allgemeinverbindlichkeit im Tarifausschuss des Landes Niedersachsen ebenfalls keine Mehrheit. Auch hier stimmten auf Arbeitgeberseite branchenfremde Vertreter von Unternehmerverband, Handwerkskammer und Handelsverband über die Zukunft der Altenpflege ab. "Jeder fachliche Rat ist ignoriert worden. Faire Ausbildungsvergütungen bei einer 39-Stunden-Woche werden so mit Füßen getreten", kommentiert Joachim Lüddecke.

Dabei hatte im Frühjahr 2015 alles so vielversprechend begonnen: Mit der Einigung über einen Tarifvertrag für die Auszubildenden in der Altenpflege setzten die Gewerkschaft ver.di und die Arbeitgeberverbände in Niedersachsen und wenig später dann in Bremen einen ersten Meilenstein. Doch die Chance, mit der Allgemeinverbindlichkeitserklärung landesweite, flächendeckende Tarifverträge für die gesamte Pflege einzuführen, wurde nun blockiert.

In Bremen und Bremerhaven hatten 15 Träger über die "Tarifgemeinschaft Pflege Bremen" mit ver.di einen Tarifvertrag abgeschlossen, der eine faire Vergütung, verbindliche Arbeitszeiten und Urlaubsregelungen sowie eine hohe Ausbildungsqualität garantiert. Aber "dann bestimmten Verbandsvertreter ohne Branchenbezug mit sachfremden Motiven über die berechtigten Anliegen in der Pflege", sagt der ver.di-Gewerkschaftssekretär Lüddecke.

In Niedersachsen hatte sich Sozialministerin Cornelia Rundt, SPD, voll hinter die Allgemeinverbindlichkeit gestellt - jedoch vergeblich. Somit gibt es für die rund 6.700 Auszubildenden keine gleichen Mindeststandards in ihrer Ausbildung. Vor der Sitzung des Tarifausschusses hatten Altenpflegeschüler/innen dagegen protestiert, dass einige private Betreiber Vergütungen deutlich unterhalb des Tarifniveaus zahlen.

Das "ideologisch motivierte Stimmverhalten der Arbeitgeberseite" wurde auch vom Arbeitgeberverband der AWO und dem Diakonischen Dienstgeberverband (DDN) verurteilt: "Die Ablehnung hat fatale Folgen für den gesamten Pflegebereich, der bis 2030 bis zu 41.000 Auszubildende benötigt", sagt DDN-Geschäftsführer Robert Johns. "Wegen des Fachkräftemangels sollte der Wettbewerb über die Qualität und nicht über den Lohn stattfinden", sagt Rifat Fersahoglu-Weber, Vorsitzender des Arbeitgeberverbandes der AWO in Deutschland.

"Trotz der falschen Weichenstellung wird der einheitliche Tarifvertrag Pflege kommen. Dafür werden wir weiter kämpfen", kündigt ver.di-Sekretär Joachim Lüddecke an. (siehe auch die Meldung zum Thema)