Von Marion Lühring

Am 1. Februar 2016 hat die Firma XXXL-Mann Mobilia in Mannheim 99 Beschäftigte aus der Verwaltung des Zentrallagers ohne Vorwarnung einfach vor die Tür gesetzt. Die Beschäftigten bekamen Briefe, in denen stand, dass sie "bis auf weiteres widerruflich von der Verpflichtung der Arbeitsleistung freigestellt" sind. Sicherheitskräfte verhinderten ihren Zutritt zum Arbeitsplatz.

Proteste in Mannheim

80 Prozent der Belegschaft sind Frauen, viele arbeiten seit über 30 Jahren in dem alteingesessenen Möbelhaus Mann Mobilia. "Es sind Tränen geflossen", erzählt ver.di-Sekretär Stephan Weis-Will. Niemand wisse zurzeit, wie lange die Bezüge noch gezahlt werden. Alle rechnen mit einem Kündigungsschreiben. Entlassungen sollten aber so einfach nicht möglich sein, denn bis zum 31. Dezember 2016 gilt noch eine Standortsicherungsvereinbarung. Gemeinsam mit dem Betriebsrat will ver.di mit allen möglichen rechtlichen, aber auch gewerkschaftlichen Mitteln um die Arbeitsplätze kämpfen, kündigte Weis-Will an.

Die Mannheimer gehören mit rund 300 Beschäftigten zur XXXL-Unternehmensgruppe, die nach eigenen Angaben 37 Einrichtungshäuser mit über 10.500 Mitarbeiter/innen in Deutschland betreibt. Mal heißen sie XXXL-Mann Mobilia, mal Lutz, Rück oder noch anders. Immer wieder kauft und strukturiert der österreichische Möbelriese um, werden Beschäftigte freigestellt und entlassen, um ohne Betriebsrat und mit niedrigeren Löhnen woanders neu in den Verkauf zu gehen.

Nur weg mit den Betriebsräten

Ebenso rigoros wie in Mannheim wurde bereits im Oktober 2013 eine Filiale in München geschlossen, wurden 160 Mitarbeiter mit sofortiger Wirkung herausgeworfen. Auch in Oberhausen hat XXXL-Möbel Rück 2015 rund 140 Stellen durch Umstrukturierungen gestrichen und Beschäftigte kurzfristig "freigestellt". Die Prozesse laufen noch. ver.di-Sekretärin Isabella Hillig sieht in den Personalumschichtungen den Versuch, Betriebsräte auszuschalten und schlechtere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Dazu passt auch der Erwerb der Immobile von "Möbel Mahler" in Wolfratshausen bei München zum 31. Januar 2016. Auch dort wurde den Beschäftigten ein geregelter Betriebsübergang verweigert. Es geht offenbar schlichtweg um das Ausschalten des Betriebsrats und weniger Lohn, wenn neu eröffnet wird.

Die plötzliche "Freistellung" in Mannheim begründet XXXL Mann mit Umstrukturierungen. Die Auftragssachbearbeitung soll zum Hauptsitz der Unternehmensgruppe nach Würzburg verlagert werden. Von diesen Änderungen sind noch zwei weitere Standorte betroffen. In Wiesbaden wurden am selben Tag 13 Beschäftigte "freigestellt", 63 bekamen Aufhebungsverträge und neue Arbeitsverträge für den Standort Groß-Gerau vorgelegt. Die 61 Beschäftigten aus Eschborn wurden nach Groß-Gerau versetzt.

Doch während ein Großteil der Beschäftigten in Hessen sehr schnell Versetzungsangebote zu anderen Filialen bekommen hat, warten noch rund 60 Mannheimer/innen auf ein Arbeitsplatzangebot. Vielleicht müssen sich auch neue Stellen suchen. Bei sieben Beschäftigten der 99 Entlassenen ist der Vertrag regulär ausgelaufen, 32 bot man eine andere Stelle an, jedoch mit mehr Arbeit und weniger Urlaub. Der Arbeitgeber traf die Entscheidungen ohne soziale Auswahl und ohne den Betriebsrat zu beteiligen. Langjährige Beschäftigte bekamen keine Angebote.

Tausende Protestpostkarten

Am 3. Februar haben die Ausgesperrten erstmals versucht, mit dem Eigentümer vor dem Lagerstandort ins Gespräch zu kommen. Auf Plakaten und Schildern zeigten sie ihre Wut. "Mensch" stand darauf, "Ist das der Dank für 32 Jahre Treue?" sowie "Das ist eine XXXL-Sauerei!" Doch die Manager wiesen sie ab. Der anwesende Eigentümer Richard Seifert sagte dem Betriebsratsvorsitzenden, in den kommenden drei Wochen habe er keinen Termin frei.

Der Protest zieht inzwischen größere Kreise: 800 Menschen demonstrierten am 27. Februar auf dem Mannheimer Paradeplatz. Rund 40.000 Protestpostkarten wurden von der Bevölkerung unterschrieben und sind von ver.di an die Eigentümer von XXXL geschickt worden - die Karten gibt es zum Download unter www.rhein-neckar.verdi.de

Unterstützung bekommen die Mannheimer auch von Betriebs- und Personalräten anderer Betriebe. Und ver.di-Landesleiterin Leni Breymaier sagt: "Die Lösung dieses Konflikts ist nicht kompliziert. Wir fordern XXXL Mann-Mobilia und die XXXLutz-Gruppe auf, die Arbeitsplätze nach Mannheim zurückzubringen." Baden-Württembergs Arbeitsministerin Katrin Altpeter, SPD, hatte bereits Tage zuvor gegenüber der Presse erklärt, die Beschäftigten wie ausrangierte Möbelstücke auf die Straße zu werfen, das sei zutiefst unmenschlich und verabscheuungswürdig.