Galeria Kaufhof wird vom Kopf auf die Füße gestellt - die Beschäftigten machen erstmal mit

Eine Veränderung im Warenhausunternehmen Galeria Kaufhof ist augenfällig: Der neue Deutschland-Chef, Olivier Van den Bossche, ein gebürtiger Belgier, sucht den Kontakt zur Basis. Am zweiten Abend der Betriebsräteversammlung Mitte Juni in Willingen, bei der er zu Gast ist, schüttelt er jedem der anwesenden rund 400 Arbeitnehmervertreter/innen die Hand und wechselt nette Worte. Bei der abschließenden Diskussion will er überzeugen und schlägt den richtigen Ton an. Ob das aber reicht, den traditionsreichen Warenhauskonzern, der zum 1. Oktober 2015 von der Metro AG für rund 2,8 Milliarden Euro an die kanadische Hudson's Bay Company (HBC) überging, in eine neue, gewinnträchtige Zukunft zu lenken? Die ersten Entscheidungen und Ankündigungen sind bei Beschäftigten wie Betriebsräten gut angekommen. Doch bei der Umsetzung der vielen angekündigten Neuerungen in den Filialen vor Ort hapert es noch.

Tarifbindung für mindestens fünf Jahre

Die mit dem Verkauf vereinbarten Regelungen sind jedenfalls positiv für die Beschäftigten - insbesondere bei einem Vergleich mit den Praktiken bei Karstadt, dem zweiten deutschen Warenhausunternehmen. Während dessen Eigentümer, der österreichische Immobilienunternehmer René Benko, Filialen schließen und Arbeitsplätze abbauen ließ, bekannte sich HBC nach der Übernahme von Galeria Kaufhof zum Erhalt des Großteils der Filialen sowie der 19.000 Arbeitsplätze der Mitarbeiter/innen. "Die Tarifbindung ist für mindestens fünf Jahre garantiert. Und HBC wird in den kommenden fünf bis sieben Jahren eine Milliarde Euro in die Filialen investieren", sagt Uwe Hoepfel, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Galeria Kaufhof.

Anders als Benko kommen die HBC-Eigentümer Bob und Richard Baker aus der Branche. Am Stammsitz Kanada und in den USA sind sie seit Jahren mit verschiedenen Warenhausketten erfolgreich. Wachstumsraten von rund sechs Prozent jährlich belegten bei den kanadischen HBC-Häusern, dass sich mit modernen Warenhäusern ordentlich Geld verdienen lasse, so Kaufhof-Chef Van den Bossche. Die europäische Kaufhauskultur ist freilich für die Nordamerikaner Neuland - neben den deutschen hat HBC auch die belgischen Kaufhof-Filialen erworben. Mit dem Bekenntnis zum Erhalt der Standorte und zu den umfassenden Investitionen zeige das Unternehmen, wie ernst das Engagement gemeint sei, sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Hoepfel.

Der Alltag in den Filialen

Dennoch liegt in den Filialen einiges im Argen. "Die Stimmung ist gut, aber wir sorgen uns wegen der vielen Rabattaktionen", erzählt Claudia Bender, Betriebsratsvorsitzende in der Filiale Ulm und Mitglied des Gesamtbetriebsrats (GBR). "Die Kunden werden geradezu dazu erzogen, nur noch auf Schnäppchen zu lauern. Das ist zwar gut für den Umsatz, aber nicht für den Gewinn." Zudem brächten die Aktionen erhebliche Mehrarbeit für alle, da die Preise für die Produkte zeitweise im Stundentakt verändert würden.

Über die hohe Arbeitsbelastung berichtet auch Sabine Jakoby, Betriebsratsvorsitzende in der Filiale Mannheim und Vorsitzende der ver.di-Bundesfachgruppe Einzelhandel. "Wir haben 120 Kolleginnen und Kollegen auf 15.000 Quadratmetern Verkaufsfläche - zu wenig angesichts der ausgedehnten Öffnungszeiten, der hohen Teilzeitquote und der vielen zusätzlichen Aktionen." Andererseits seien erste positive Änderungen im Personalbereich zu registrieren. "Für kranke Beschäftigte gibt es umgehend Ersatz. Und die örtlichen Geschäftsführer sind gehalten, regelmäßig im Verkauf mit anzupacken." Während die Chefs der Metro AG früher einen Filialbesuch ankündigten, woraufhin das Haus immer auf Hochglanz poliert wurde, kommt Olivier Van den Bossche ohne Voranmeldung und erlebt den realen Alltag. "Das finden die Beschäftigten gut", sagt Sabine Jakoby.

Stellenabbau in der Verwaltung

Ganz ohne Abbau kommt auch Galeria Kaufhof nicht aus. Die Verwaltung wird rund 100 Stellen durch Umstrukturierungen im Einkauf verlieren. Positiv bewerten die Arbeitnehmervertreter/innen die Vereinbarungen bei den wenigen Filialschließungen: So werden alle 89 Beschäftigten der seit langem defizitären Filiale am Berliner Ostbahnhof in eine Filiale ihrer Wahl übernommen. Das Gleiche gilt für die 85 Mitarbeiter/innen der Aachener Filiale, die wegen des auslaufenden Mietvertrags geschlossen werden soll. "Anders als berichtet, gab es auch keine horrenden Mieterhöhungen", sagt die stellvertretende GBR-Vorsitzende Gabi Schendel. "Zum Teil wurde die Miete für die 46 unternehmenseigenen Häuser moderat erhöht, zum Teil auch gesenkt." Allesamt lägen sie deutlich unter dem, was Karstadt-Häuser aufbringen müssten. Demnächst werden die Kaufhof-Beschäftigten zudem Miteigentümer des Unter- nehmens: Je nach Betriebszugehörigkeit erhalten sie einige Aktien, die nach drei Jahren in ihren Besitz übergehen. "Reich werden Sie damit nicht, aber es ist als Zeichen der Wertschätzung gedacht", sagte der Kaufhof-Chef den Betriebsräten. Wichtiger war den Aktiven sein klares Bekenntnis zu den Tarifverträgen des Einzelhandels.