Ausgabe 05/2016
Stadtholding rudert zurück
Konzernbetriebsratsvorsitzender Jens Herrmann-Kambach ist stolz auf das Erreichte
Der Plan war: Einsparung von elf Millionen Euro, Wegfall von 200 Vollzeitstellen und die Auslagerung von Serviceleistungen aus den drei Unternehmensbereichen der Leipziger Stadtholding. Die Diskussion zwischen Geschäftsleitung und Konzernbetriebsrat über das Projekt begann am 11. Januar dieses Jahres. Am 2. Juni entschied der Aufsichtsrat der Stadtholding: Es wird keine neue Struktureinheit, also keine vierte Säule, im Unternehmen mit den drei Bereichen Wasserwerk, Verkehrsbetriebe und Stadtwerke geben.
"In diesem Zeitraum", sagt der Konzernbetriebsratsvorsitzende Jens Herrmann-Kambach, "haben wir intensiv - bis an unsere Leistungsgrenzen - gearbeitet. Bis zu jeweils drei Betriebsratsmitglieder haben in den sechs Projekten der Geschäftsleitung mitgearbeitet". Dabei ging es um die Bereiche Personalarbeit, IT, IT-Management, Rechnungswesen, Controlling, Immobilienmanagement und Einkauf.
Vorgelegte Zahlen ständig hinterfragt
Nachdem die Geschäftsleitung ihr Modell zur Bündelung der Servicefunktionen, zu Einsparpotenzialen und Beschäftigtenabbau vorgestellt hatte, kam es im Konzernbetriebsrat zu einer schwierigen Meinungsfindung darüber, wie er diesen Prozess begleiten sollte: Verhandlungen über Interessensausgleich und Sozialplan oder von Anfang an Einmischung in das Projekt "Service 2017" der Geschäftsführung? Ergebnis: Die betrieblichen Interessenvertreter mischten sich ein. Mit ihrer akribischen Arbeit und ständigem Hinterfragen, auch Anzweifeln der vorgelegten Fakten und Zahlen und der Ergebnisse der Projektarbeit der Geschäftsleitung wollten die Betriebsräte mehr Transparenz und Verständnis erzielen. Sie griffen vor allem die Interpretation der Ergebnisse an.
Geschäftsleitung und Konzernbetriebsrat zogen Berater hinzu: die Roland Berger Gesellschaft für die Unternehmensführung, und die Beratungsgesellschaft BAB, Institut für betriebswirtschaftliche und arbeitsorientierte Beratung GmbH in Bremen, für die Arbeitnehmer/innenseite.
Einen besonderen Vorteil hat sich der Konzernbetriebsrat auf diesem Weg verschafft: "Wir haben umfangreiche Protokolle geführt, die Analysen der Geschäftsführung kommentiert und den Nachweis festgehalten, was wie gelaufen ist. So konnten wir das Entstehen der Ergebnisse auch Dritten erklären und herleiten. Die Geschäftsleitung konnte das nicht, sie hat nur die Ergebnisse aufgeschrieben. Freies Denken hat sie das genannt", beschreibt Herrmann-Kambach die Unterschiede. Die immer wieder zeitlich knapp terminierten Einsparpotenziale aus den Beratungsgesellschaften von Roland Berger brachten keine neuen Ideen, es sei denn auf Kosten der Belegschaft.
Der Konzernbetriebsrat, die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, insbesondere die stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende und Geschäftsführerin des ver.di-Bezirks Leipzig-Nordsachsen, Ines Kuche, haben es schließlich gemeinsam geschafft, dass der Aufsichtsrat den Vorstellungen des Konzernbetriebsrates gefolgt ist. Er beschloss ein Papier mit der Vorgabe zur Optimierung operativer Serviceprozesse mit einer Einsparung von elf Millionen Euro. Das soll innerhalb der einzelnen Tochterunternehmen und ohne die Auswechslung von Beschäftigten zwischen den beteiligten Unternehmen erfolgen.
Kommunales Eigentum erhalten
Das heißt auch: Es wird keine eigenständige vierte Struktureinheit in der Leipziger Stadtholding geben. Der Schwerpunkt liegt also auf der Optimierung der Serviceprozesse - genau das, was dem Konzernbetriebsrat und allen Mitwirkenden auf Arbeitnehmerseite vorschwebte.
Auf dieses Ergebnis sind alle daran Beteiligten stolz, versichert der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats: "Wir haben einen wichtigen Part geleistet in Sachen Daseinsvorsorge für die Leipziger, für unsere Beschäftigten und für den Erhalt von kommunalem Eigentum. Wir wissen, dass unser Unternehmen wirtschaftlich sein muss, aber die Bevölkerung muss auch dahinterstehen. Vor allem nach unserem Bürgerentscheid gegen Privatisierung kommunaler Unternehmen."