Ausgabe 08/2016
Absurde Rechtslage bei den DRK-Schwestern
Schwestern des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) sind Arbeitnehmerinnen im Sinne der europäischen Leiharbeitsrichtlinie, hat der Europäischen Gerichtshof (EuGH) festgestellt. Nach diesem Urteil werde in Zukunft die dauerhafte Ausleihe von DRK-Schwestern an einzelne Einrichtungen auch außerhalb des DRKs beendet, heißt es dazu in einer Erklärung von ver.di. Die Frauen hatten als Vereinsmitglieder seit Jahrzehnten keine vollständigen Arbeitnehmerrechte. Gedeckt wurde diese absurde Rechtslage über 60 Jahre durch die deutsche Rechtsprechung - insbesondere des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Den Schwestern wurde demnach das deutsche Arbeitsrecht vorenthalten und sogar ihr Grundrecht auf Streik (Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes) bestritten. Sie hatten keinen Zugang zur Arbeitsgerichtsbarkeit, die Beteiligung an Betriebsratswahlen wurde ihnen verwehrt. Betroffen sind etwa 25.000 Arbeitnehmerinnen in 33 DRK-Schwesternschaften.
"DRK-Schwestern müssen in Zukunft mit den Beschäftigten der Einsatzbetriebe gleichgestellt oder - noch besser - in diese Betriebe übernommen werden. Wir helfen gerne dabei, gute tarifliche Regelungen für den Übergang zu finden und die Ansprüche der Betroffenen zu sichern", erklärte ver.di-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler.
Die EuGH-Entscheidung ist Teil eines Gerichtsverfahrens, das die gemeinnützige Ruhrlandklinik GmbH in Essen gegen den dortigen Betriebsrat angestrengt hat, der die Zustimmung zu Einstellungen von DRK-Schwestern als Vereinsmitglieder grundsätzlich mit dem Hinweis verweigert, sie würden tatsächlich als Arbeitnehmerinnen und nicht als Vereinsmitglieder beschäftigt werden. Daraufhin hatte der Arbeitgeber auf Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht geklagt.
Das Verfahren ist vor dem Bundesarbeitsgericht anhängig, das den Fall dem EuGH zur Beantwortung der Frage vorgelegt hatte, ob die deutsche Interpretation mit EU-Recht vereinbar ist. Jetzt muss das BAG die bindenden Vorgaben des EuGH bei der Fortführung des Verfahrens berücksichtigen.
Henrik Müller
Aktenzeichen: C-216/15