Früher, als natürlich alles noch besser war, gab es Sitz-Prämien. Gehalts- und Lohnzulagen häuften sich quasi mit den Jahren des Sitzens. Doch die Prämien sind vom Aussterben bedroht, nur sehr alte Beschäftigte profitieren hier und da noch vom Bestandsschutz. Allerdings: Mit der Abnahme der Sitz-Prämien hat kontinuierlich das Sitzungswesen zugenommen. Heute spricht zwar kein Schwein, das etwas auf sich hält, mehr von einer Sitzung, sondern nur noch vom Meeting. Doch der Kern der Sache ist derselbe geblieben: Im stundenlangen Beieinandersitzen wird im besten Fall etwas geklärt, was den Laden voranbringt, in jedem Fall ist es aber die Gelegenheit, mal wieder auf sich aufmerksam zu machen, um die Karriereleiter hinaufzuklettern. In jedem Meeting sitzen, na klar, auch diejenigen, die die Leiter nicht mehr weiter rauffallen können oder es gar nicht wollen. Trotzdem müssen sie natürlich vor den anderen und vor allem vor den Chefs an ihrem Profil arbeiten. Schließlich geht's die Leiter ja auch runter. Wie sich am Profil schrauben lässt, dafür gibt es mittlerweile ganze Strategien. Früher haben Strategen Schlachtpläne entwickelt, heute entwickeln sie SABTA, kurz für: Sicheres Auftreten bei totaler Ahnungslosigkeit. Damit lassen sich sicher keine Grabenkriege schließen, aber jede Type kann so das Beste aus sich machen. Schon ein paar Tipps können laut Meedia-Portal zum gewünschten Erfolg führen: "Stellen Sie Fragen, ohne die Antwort zu kennen." Klingt schlicht und ergreifend, ist ja schließlich der Sinn von Fragen. "Ermahnen Sie die Teilnehmer, sich auf das Wesentliche zu beziehen." Auch schön, kann das Meeting verkürzen, wenn man schneller auf den Punkt kommt. Oder: "Zeichnen Sie Diagramme - egal welche." Eine echte Steilvorlage! Menschen, die zeichnen können, wirken allemal kompetent. Sie durchdringen ein Thema einfach und anschaulich, selbstverständlich auch bei totaler Ahnungslosigkeit. Und: Die anderen sind ja genauso ahnungslos. Nun hat aber eine Studie des Marktforschungsinstitut Harris ergeben, dass Beschäftigte pro Woche 4,5 Stunden ihrer eigentlichen Arbeitszeit durch Meetings verlieren. Und wie toll das für die unproduktiven Kräfte sei, einfach "abzuschalten und den Kopf einzuziehen". So viel vergeudete Arbeitszeit kann natürlich kein Unternehmen auf sich sitzen lassen, weshalb nun wiederum die Chefstrategen gefragt sind. Womit dann das Strategiespiel von vorn beginnt: Sicheres Auftreten bei totaler Ahnungslosigkeit. Willkommen in der schönen neuen Arbeitswelt. Bleiben Sie einfach sitzen! Petra Welzel