Nur für die Hebammen springt nicht mehr genug heraus

Im vergangenen Jahr wurden in Hamburg über 25.000 Geburten verzeichnet. Das ist ein Zuwachs von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und viele der jungen Eltern kennen die Frage: Bekommen wir rechtzeitig eine Hebamme? Vorbereitung, Nachsorge, Wochenbettbetreuung, aber natürlich auch die Geburt selbst - Hebammen sind enorm wichtig für werdende Mütter, und auch für Väter. Eine wochenlange Suche nach einer Hebamme kann da ganz schön zermürbend sein.

ver.di publik hat mit Michael Stock vom ver.di-Fachbereich Gesundheit & Soziales in Hamburg über den Beruf, die Herausforderungen, aber auch einen aktuellen gewerkschaftlichen Erfolg im Hebammenberuf gesprochen:

VER.DI PUBLIK - Eine Hebamme zur Geburtsbetreuung ist schwer zu kriegen in Hamburg. Ist der Beruf nicht mehr attraktiv? MICHAEL STOCK - Attraktiv ist der Beruf - aber die Arbeitsbedingungen sind nicht gut genug. Hebammen sind schon aus einem besonderen Holz geschnitzt, und die Kolleginnen, die als Hebamme arbeiten tun dies meist aus tiefer Überzeugung und mit großer Leidenschaft. Schwierig sind die Rahmenbedingungen, weswegen junge Menschen genau überlegen, ob sie diesen Weg wählen wollen.

VER.DI PUBLIK - Was heißt das? STOCK - Hebammen arbeiten auf hohem Niveau, haben eine hohe Verantwortung und die Arbeitszeiten sind nicht von "9 to 5", sondern richten sich nach Schichtplan und den werdenden Müttern. Dafür sollte aus unserer Sicht die Bezahlung besser sein. Dazu kommen hohe Versicherungsprämien für freie Hebammen mit enorm bürokratischem Aufwand.

VER.DI PUBLIK - Mit welchen Maßnahmen könnte man dem Hebammen-Mangel begegnen? STOCK - Eine Möglichkeit wäre die Einrichtung eines staatlichen Fonds, durch den Hebammen gegen Schadensersatz abgesichert wären. Gleichzeitig müssen die Vergütungssätze durch die Krankenkassen angehoben werden. Beides könnte dazu führen, dass sich mehr junge Menschen für diesen Berufsweg entscheiden.

VER.DI PUBLIK - Was passiert bei ver.di zur Aufwertung des Berufes? STOCK - Neben bundesweiten Aktivitäten sind wir in gutem Kontakt mit dem Hamburger Hebammenverband und teilen viele Forderungen. Aber in erster Linie sind die Hebammen selbst gefragt. Viele erreichen viel. Als Gewerkschaft ist ver.di der zuständige Ansprechpartner. Das scheint sich rumzusprechen, denn immer mehr Hebammen organisieren sich und werden ver.di-Mitglied.

VER.DI PUBLIK - Gab es schon konkrete Aktionen für Hebammen? STOCK - Anfang des Jahres sind wir als ver.di gemeinsam mit dem Hebammenverband durch fast alle Hamburger Krankenhäuser gezogen und haben Hebammen in der Nachtschicht besucht. Ungefähr 20 Prozent aller Hebammen arbeiten im Krankenhaus, der Rest freiberuflich. Wir haben mit den Kolleginnen diskutiert und Forderungen öffentlichkeitswirksam verfasst.

VER.DI PUBLIK - Gibt es erste Erfolge? STOCK - Zumindest indirekt. Im Rahmen der neuen tariflichen Entgeltordnung, die kürzlich für die Hamburger Krankenhäuser verhandelt wurde, gibt es eine erste gute Nachricht: In Hamburgs Krankenhäusern gibt es für viele Hebammen ab Juli dieses Jahres mehr Geld durch eine höhere Entgeltgruppe!

Beratung: Alle ver.di-Mitglieder können in ihren Betrieben einen individuellen Beratungstermin zur neuen tariflichen Entgeltordnung für Hebammen in Krankenhäusern mit den ver.di-Vertrauensleuten vereinbaren. Oder sie wenden sich per E-Mail an michael.stock@verdi.de