Sie sind der "Hamburger Hafen" - 500 Hafenarbeiter in der Innenstadt

"Wir sind der Hamburger Hafen!" und "Carola, rück die Kohle raus!" schallte es am 26. Juni durch die Hamburger Innenstadt. Rund 500 Hafenarbeiter aus unterschiedlichen Betrieben waren einem Demonstrations-Aufruf von ver.di gefolgt. Sie waren wütend, denn die Chefin der Lasch Company Hamburg (LCH) und der Carl Tiedemann-Gruppe, Carola Zehle, hatte den 121 Beschäftigten der LCH seit Wochen keinen Lohn gezahlt. Und das, obwohl die Belegschaft schon seit Anfang des Jahres auf 12 Prozent ihres Lohnes verzichtet. Die Zahlung der Löhne und der Erhalt der Arbeitsplätze waren im angeschlagenen Unternehmen LCH für Chefin Zehle offenbar nicht wichtig. "Gegen die Gutsherrenart von Zehle setzen wir uns gemeinsam zur Wehr", so Christian Warnke, Betriebsratsvorsitzender bei der LCH. Er und seine Kollegen sind Lascher, sie befestigen die Schiffsladungen am Containerterminal Burchardkai. Im Hamburger Hafen haben sie in diesen Tagen viel Solidarität erfahren.

Arbeit auf Pump bei der "Hafenlöwin"

Nicht einmal zwei Wochen nach der Demonstration stand bei der LCH die Arbeit still. Viele Beschäftigte machten von ihrem Recht Gebrauch, die Arbeitsleistung zurückzuhalten, da kein Lohn gezahlt wurde. Eine harte Zeit für die Kollegen, nur wenige konnten die ausgebliebenen Lohnzahlungen beim Arbeitsamt geltend machen. Einige Beschäftigte lebten vom Ersparten, andere mussten sich Geld leihen. Trotz der existenziellen Sorgen legten die Hafenarbeiter zusammen, um ein Rechtsanwaltsbüro zu beauftragen. Sie wollten ein Insolvenzverfahren und einigten sich schnell auf ein Ziel: Weitermachen, aber ohne Zehle! Letztere reagierte dann auch und stellte ebenfalls einen Antrag auf Insolvenzeröffnung. Gleichzeitig begann die Firmenchefin, auch die "Hafenlöwin" genannt, Betriebsrat und ver.di über soziale Medien und Presse zu beschimpfen und für ihr eigenes Missmanagement verantwortlich zu machen. Viele Kollegen empfanden das als unerträglich.

Letztlich wurde ein Insolvenzverwalter eingesetzt und die Löhne waren somit durch das Insolvenzgeld bis Ende August gesichert. Der Weg der Sanierung der LCH ist allerdings noch nicht klar. Aber immerhin, Ende Juli hatten die Arbeiter ihren Monatslohn auf dem Konto und die Arbeit wieder aufgenommen. Laut Betriebsrat Warnke eine "Rettung in letzter Sekunde". Auch die gute Verbindung zu den ver.di-Vertrauensleuten und dem Betriebsrat des Terminalbetreibers Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und anderen Hafenbetrieben hatte sich ausgezahlt. Das Signal weiterzumachen, da die Auftragslage grundsätzlich gut sei, war für das Vorgehen der LCH-Lascher wichtig.

Keine Arbeiter erster und zweiter Klasse

Alle Informationen und Aktionen wurden mit der ver.di-Landesfachgruppe Häfen koordiniert. Auf einer Klausur Anfang August gab es eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Laschdienstleistungen. Die Teilnehmer waren sich schnell darüber einig, dass es keine Hafenarbeiter erster und zweiter Klasse geben darf und dass sie sich gewerkschaftlich weiter im Rahmen der internationalen Kampagne Laschen ist Hafenarbeit engagieren werden.

Auf den Prüfstand gerückt, ist im Zuge des Konflikts auch der Beschäftigungssicherungstarifvertrag am Hafen. Er besteht seit Jahrzehnten und lässt zugunsten einer betrieblichen Sanierung eine Abweichung von bis zu 15 Prozent vom Hafentarif zu. Den Arbeitern der LCH hat das in den letzten Monaten auch nicht geholfen. Genauso wenig wie den Kolleginnen und Kollegen im Mutterunternehmen Carl Tiedemann, das seit vielen Jahren vom Hafentarif abweicht und ebenfalls insolvenzbedroht ist. "Der Beschäftigungssicherungstarifvertrag für Laschbetriebe muss weg, weil der Containerumschlag ein wirtschaftlich profitables Geschäftsfeld ist", fordert ver.di-Sekretär Marco Otten von der Fachgruppe Häfen. Entschlossen fügt er hinzu: "Das wird noch ein harter Kampf!"