Ausgabe 08/2018
Verbindliche Vorgaben fehlen
Die Qualität in der Kinderbetreuung soll weiter steigen
In ihrem Koalitionsvertrag haben sich CDU, CSU und SPD einiges vorgenommen, auch für Kinder und Familien. „Wir wollen die bestmögliche Betreuung für unsere Kinder und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, heißt es da vollmundig. Länder und Kommunen will der Bund finanziell unterstützen beim Ausbau des Angebots, bei der Steigerung der Qualität in Kindertageseinrichtungen und zusätzlich bei der Entlastung der Eltern bis hin zur Beitragsfreiheit. Umgesetzt werden soll dieses Vorhaben mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und der Teilhabe in der Kindertagesbetreuung, kurz Gute-KiTa-Gesetz genannt.
Summe reicht nicht
Ende November sollte der Entwurf in die zweite Lesung im Bundestag gehen. Diese wurde kurzfristig vertagt, ein neuer Termin stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Stimmen Bundestag und Bundesrat dem Entwurf zu, zahlt der Bund in den kommenden vier Jahren 5,5 Milliarden Euro für die genannten Zwecke an Länder und Kommunen. Die Summe reicht ver.di nicht aus, zumal in ersten Planungen von bis zu fünf Milliarden Euro pro Jahr die Rede gewesen ist. Bei der Kasseler Konferenz von ver.di für Beschäftigte des Sozial- und Erziehungsdienstes hat sich Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, SPD, Anfang November dafür stark gemacht, dass auch über 2022 hinaus Gelder bereitgestellt werden müssen. Aber im Gesetz steht das noch nicht.
In Stellungnahmen und persönlichen Gesprächen mit dem Ministerium und Politiker*innen hat ver.di zudem kritisiert, dass in dem Gesetzentwurf keine verbindlichen Vorgaben stehen, nach denen man geforderte Qualität bemessen kann. Auch Sanktionsmöglichkeiten für den Fall, dass die Länder das Geld nicht für qualitative Verbesserungen ausgeben, sind nicht vorgesehen. ver.di werde bei der Realisierung sehr genau darauf achten, wie die Länder das Gesetz umsetzen, sagte Elke Alsago von der ver.di-Fachstelle Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit.
Für ver.di habe die Beseitigung des Fachkräftemangels Priorität, sagt Alsago. Prognosen gehen von bis zu 309.000 fehlenden Fachkräften bis zum Jahr 2025 aus. Beispiel Bremen: Der städtische Eigenbetrieb KiTa Bremen hat sein Angebot in den vergangenen Jahren stark ausgebaut. War vor zehn Jahren noch eine Vier-Stunden-Betreuung Standard, werden heute überwiegend Sechs-Stunden- oder Ganztagsplätze nachgefragt und angeboten. „Zwar arbeiten auch mehr Erzieherinnen und Erzieher bei uns, aber beim Ausbau der Häuser haben wir ihre Arbeitsplätze vernachlässigt“, sagt der stellvertretende Personalratsvorsitzende Toren Christians. So fehlten Pausen- und Arbeitsräume. Mehr Geld müsse bereitgestellt werden, um gesunde Arbeitsbedingungen zu schaffen.
Unter den jetzigen Bedingungen werde es immer schwieriger, die dringend benötigten Mitarbeiter*innen zu gewinnen, so Christians. Das liege zum einen daran, dass von der fünf Jahre dauernden Ausbildung nur ein Jahr bezahlt werde. Ansätze wie die Praxisintegrierte Ausbildung (Pia) würden viel stärker nachgefragt. Hier hat ver.di im Frühjahr die Tarifierung durchsetzen können, das heißt, dass die Auszubildenden bezahlt werden.
Auch müsse die strukturelle Qualität und dabei insbesondere der Personalschlüssel deutlich verbessert werden, um mehr Fachkräfte für die Arbeit gewinnen zu können. Viele Kolleg*innen würden nicht Vollzeit arbeiten, weil die Belastung zu hoch sei. Seiner Meinung nach müssten die Erzieher*innen während des Berufslebens mehr Möglichkeiten bekommen, sich fachlich und finanziell weiter entwickeln zu können, sagt Christians. Doch für all das hält er den Gesetzentwurf für unzureichend.
Die Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes ist auch für ver.di ein wichtiges Thema. Bei der jährlich stattfindenden Kasseler Konferenz forderten die rund 140 Beschäftigten aus diesem Bereich eine Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive, in der sich Bund, Länder, Kommunen und Träger engagieren sollen. Sie waren auf Einladung der ver.di-Fachbereiche Gesundheit, soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen sowie Gemeinden in Kassel zusammengekommen. Angekündigt wurden dort auch neue Tarifkampagnen ab 2020. Sie sollen im kommenden Jahr in einer breiten Diskussion mit den ver.di-Mitgliedern aus diesem Bereich vorbereitet werden.