Der Grand Canyon

Eine Reise zum Grand Canyon, zur Mutter aller Schluchten, ist auch eine Reise in die Geschichte der Emanzipation

Sandra Hamana eilt über den leeren Dorfplatz. Sie hat keine Zeit, steckt mitten in den Vorbereitungen für den Korbtanz, „ein großes Fest“, sagt sie. „Am Wochenende wird es hier keinen Parkplatz mehr geben.“ Was kaum vorstellbar ist. Oraibi ist eines von 12 Dörfern im Hopi-Reservat im Nordosten des US-Bundesstaates Arizona. Es ist Anfang November, karg und leer ist es hier, das Land und auch das 1.731 Meter hoch liegende Dorf im Süden des Colorado Plateaus. Einige Häuser sind alt und noch aus dem massiven Felsstein des Plateaus terrassenartig angelegt, andere aus Zementblöcken. Der Boden ist staubtrocken. Weit und breit ist nichts zu sehen als der sattblaue Himmel, Hügel und in etwa 200 Metern Entfernung der Highway, über den gelegentlich ein Fahrzeug rauscht. Kurzum: Um Oraibi rum ist schier Platz ohne Ende. Platz für einen ganzen Fuhrpark.

Die Vorbereitungen für das große Fest finden im Verborgenen statt. Nur wenige Menschen sind zu sehen oder zu hören. Ein gehbehinderter Mann bietet sich als Guide an, ein kleiner Junge schleicht sich an einem Lolli schleckend schüchtern heran, ein älterer Mann möchte ein selbstgemachtes Holzspielzeug verkaufen. Sandra Hamana begrüßt alle. Sie ist so eine Art Häuptling des Dorfes. „Wir Hopi-Frauen sind die Eigentümerinnen der Häuser, der Felder und des Saatguts. Alle Mädchen hier wachsen im Matriarchat auf“, sagt sie. Das sei schon immer so gewesen. Darauf legt Sandra großen Wert. Und auch darauf, dass Oraibi seit knapp 1.000 Jahren einer der ältesten ununterbrochen besiedelten Orte der USA ist.

Als sie hier aufwuchs, hätten hunderte Menschen in Oraibi gelebt. „Jetzt sind es nur noch etwa hundert“, sagt Sandra. Aber in wenigen Tagen werden sie „Tausende“ sein, ist sie sich sicher: „Alle Kinder und alle Kinder der Kinder werden kommen und mit uns den Korbtanz tanzen. Für Schnee im Winter und für Regen im Sommer.“ Das dürre Land kann beides gebrauchen.

Alles, was heilig ist

Sandras Füße stecken in braunen Mokassins, das lange glatte, leicht ergraute Haar ist im Nacken zu einem Zopf zusammengebunden. Über einer schwarzen Hose und unter einer schwarzen Strickjacke trägt sie eine aus einem leeren Mehlsack der Marke Blue Bird selbstgenähte Schürze. Sehr klein ist Sandra Hamana, nur etwa 1 Meter 50 ist sie groß. Dass sie 77 Jahre alt sei, sagt sie. Aber sie sieht deutlich jünger aus. Aufnahmen von ihr oder dem Dorf sind nicht erlaubt. Auch ein verblasstes Schild am Ortseingang untersagt das Fotografieren. „Bilder nehmen uns alles, was uns heilig ist“, sagt Sandra.

Sie schließt das Haus am Platz auf, das dem Dorf als Shop für Touristen dient. Und schaltet das Licht an, weil durch die verstaubten Fensterscheiben nur wenig einfällt. Viele Touristen kommen um diese Jahreszeit nicht mehr vorbei, entsprechend leer sind Regale und Vitrinen: ein paar Töpferwaren, Schmuck, Holzarbeiten und eine von Sandras Arbeiten, eine Art buntes Wandbild.

Sie nimmt das Objekt von dem Pfeiler, an dem es hängt, und deutet auf das bemalte Holzstück im Zentrum, auf dem die Sonne, der Regen und die vier verschiedenen Maissorten, die die Hopis anbauen, in Symbolen dargestellt sind. Die drum herum gesponnenen bunten Wollfäden stünden für zwei verschiedene Sonnen. „Als meine Tante starb, war da auf einmal eine riesige Menge Wolle. Ich dachte, daraus könnte ich ein Mobile für meine Tochter machen“, sagt Sandra. „Damit fing es an. So habe ich immer Geld verdient.“

Foto links: Mary Colter (1869-1958) bei der Arbeit am Grand Canyon. Insgesamt hat sie für den Nationalpark sieben Gebäude gebaut Foto Mitte: Die Hopi Nampeyo (1856-1942) wurde durch ihre Töpferkunst noch zu Lebzeiten bekannt. Sie zählte zu den ersten Hopi-Indianern, die Mary Colter an den Grand Canyon holte Foto rechts: Sharlot Hall (1870-1943), hier mit ihrem Vater, war die erste Frau, die den Grand Canyon fotografierte und sich wie Mary Colter für die Kultur der Hopi interessierte

Nahezu bis an die Decke mit indianischem Kunsthandwerk gefüllt ist der Shop des La Posada Hotels in Winslow, 125 Kilometer südlich von Oraibi. Der Highway 87 führt von Oraibi fast schnurgerade durch die immer gleiche, bizarre Wüstenlandschaft in die kleine Stadt Winslow. Wer dorthin fährt, ist entweder auf der alten Route 66 unterwegs und möchte den Song „Take it easy“ der Eagles hören, der den Ort in den 70er Jahren zu einem beliebten Zwischenstopp machte und gelegentlich durch die offenen Fenster der Bars an der 66 zu hören ist. Oder er möchte im La Posada wie in den 30ern erwachen. Das von der Architektin Mary Colter gebaute und eingerichtete Haus im Stil einer mexikanischen Hazienda eröffnete 1930 mitten hinein in die erste Weltwirtschaftskrise.

Mary Elizabeth Jane Colter, so ihr vollständiger Name, ist zu jener Zeit schon bald 30 Jahre die Architektin des Grand Canyon Nationalsparks, der 1919 insgesamt 350 Kilometer der Schlucht unter Naturschutz stellt. Colter steht dabei im Dienste der Fred Harvey Company, für die sie neben dem La Posada in Winslow 20 weitere Hotels im Südwesten der USA baut. Dass im La Posada indianisches Kunsthandwerk verkauft wird, gehört zu Colters Konzept. 1904 bereits baut sie am Grand Canyon ein Haus im Stil der Hopi, das als Verkaufsshop gedacht ist. Colter reist zu den Hopi, lässt sich von ihrer Baukunst und ihrem Handwerk inspirieren, begeistert sich für das Matriarchat und holt die Hopi schließlich zum Verkauf ihrer Waren an den Grand Canyon. Erst waren im 16. Jahrhundert die Spanier über die Indianer hergefallen, dann hatten ihnen die Siedler aus dem Osten Mitte des 19. Jahrhunderts das Land weggenommen. Colter will ihnen durch ihre Einbindung etwas zurückgeben.

Ihrer Zeit weit voraus

Dan Lutzick, ein unauffälliger Mann mit graublondem, schon etwas schütterem Haar und Brille, sitzt um 9 Uhr 30 in Winslow in seinem langen, schmalen Büro im alten Depot des La Posada. Müde blickt er durch die breite Fensterfront auf die Bahngleise der Santa Fe-Eisenbahnstrecke, auf denen gerade ein langer Güterzug durchrattert. Dans Nacht war kurz. Seit vier Uhr früh musste er sich darum kümmern, die Warmwasserleitungen für einen Teil des Hotels wieder zum Laufen zu bringen. „Wenn du ein Hotel hast, lernst du viel über Leitungen“, sagt er.

Das Hopi-Haus am Grand Canyon

Eigentlich ist Dan Künstler, aber seit 1997 zusammen mit dem Künstlerpaar Tina Mion und Allan Affeldt auch Besitzer des La Posadas. Affeldt habe Colters Werk während des Studiums in Kalifornien entdeckt und Tina und ihn hierher gebracht. „Mary Colter war ihrer Zeit weit voraus, und Allan hat das gesehen“, sagt Dan.

Nebenan im Hotel läuft jeden Tag in einem der kleineren Aufenthaltsräume im Erdgeschoss stundenlang ein Film über die Restaurierung des Hotels, das 1957 geschlossen wurde. Die Aufnahmen zeigen, dass außer den Außenwänden nichts von Colters Werk zu sehen war, als Affeldt 1994 nach Winslow kam und das Haus von der Santa Fe Railway kaufte. Nichts von den bunten Lehmwänden, den Holz- und Steinböden. Die Eisenbahngesellschaft hatte in den 60ern innen weiße Büroboxen einziehen lassen.

„Als wir eine der Bürowände einrissen, sahen wir, dass dahinter alles erhalten war, wie Colter es gestalten ließ“, sagt Dan. Er wird munter, als er erzählt, wie sie teils wieder zu den originalen Möbeln gekommen sind, die dem Hotel auch heute wieder den Flair der 30er verleihen. Und wie naiv sie anfangs waren. „Die Leute hier haben gefragt, was Winslow denn mit einem Hotel solle? Wir haben nur gesehen, dass Züge hier lang fahren und das Hotel direkt zum Bahngleis hin einen Eingang hatte.“

Tatsächlich nutzen nur wenige Gäste die Zugverbindung. Am nächsten Morgen warten drei Gäste auf den 7 Uhr-Zug. Als der einfährt, greift einer von ihnen in der Lobby schnell zu seinem auf einer alten Bahnhofsbank abgelegten Cowboyhut und ruft laut: „Der Zug ist da!“

In ein selbstbestimmtes Leben

Autos, mit denen die meisten Touristen heute reisen, sind zu Colters Zeit noch die Ausnahme. Als sie im Grand Canyon zu bauen anfängt, sind gerade 25 Jahre vergangen, seit die letzten Siedler aus dem Osten im Planwagen anrollten und im Westen ihr Glück suchten. 1881 ist unter ihnen auch die damals 11-jährige Sharlot Hall, die mit ihren Eltern von Kansas kommt. In der Nähe von Prescott, rund 220 Kilometer westlich von Winslow im Verde Valley, dort, wo Arizona grün und waldig ist und der Bundesstaat seinen Ursprung hat, waren Gold und Silber gefunden worden. Auch Halls Vater will dort fündig werden. Am Ende führt er das mühevolle Lebeneines Farmers. Für seine Tochter hingegen ist es der Start in ein selbstbestimmtes Leben.

Lucy Hanson gerät trotz ihres bevorstehenden 90. Geburtstags in jugendliche Begeisterung, wenn sie über Sharlot Hall redet. Seit 25 Jahren arbeitet sie stundenweise im Sharlot Hall Museum in Prescott. „Du willst ja noch ein Leben haben, wenn du alt bist, und klar im Kopf bleiben“, sagt sie an der Information sitzend, legt ihren Kopf mit dem weißgelockten Haar ein wenig zu Seite und lächelt verschmitzt. Wäre Lucy Hanson nicht in Holland geboren und aufgewachsen, hätte sie Sharlot Hall noch persönlich kennenlernen können. Ihr hätte das gefallen.

„Ich habe Sharlot von Anfang an für ihren Mut und Tatendrang bewundert, mit dem sie die Geschichte von Prescott bewahrt hat“, sagt Lucy, steht auf, geht langsam zu einer Wand hinüber und zeigt auf eine alte Fotografie von Sharlot Hall an einem Tisch voll Büchern. „Sie hat immer gelesen, jeden Abend. Und geschrieben. Und eines Tages ist sie mit einer Kutsche, einem Gewehr und nur einem Mann aufgebrochen zum Grand Canyon, um herauszufinden, was auf der anderen Seite des Canyons war“, erzählt Lucy und verweist auf Dokumente und Objekte in den umstehenden Vitrinen.

Auch innen bis ins Detail durchgeplant – Colters La Posada in Winslow

In einer anderen Vitrine ist eine Plattenkamera zu sehen, die fast die Größe eines Minikühlschranks in einem Hotelzimmer hat. Mit ihr macht Hall als erste Frau Fotos vom Grand Canyon, die noch heute von außerordentlicher Qualität sind. Auch die Kreidebilder und Aquarelle vom Canyon daneben zeigen, dass Hall nicht nur ansprechend schreiben kann, womit sie sich einen Namen macht, sondern auch malen. Ihre Streifzüge durch Arizona führen sie 1910 bis nach Oraibi, in das Hopi-Dorf von Sandra Hamana. Wie Mary Colter bewundert sie die Rolle der Frauen bei den Hopi. Und kauft ihnen Keramik, Körbe und Schmuck ab.

All das ist heute Teil des Museums, das Hall noch zu Lebzeiten gründet. Nach ihrem Tod 1943 wird es nach ihr benannt. Es besteht aus mehreren Gebäuden, unter anderem dem ersten Einraum-Holzhaus von Prescott, das, an der einst berüchtigten Whiskey Row gelegen, zu einer kleinen, quirligen Stadt gewachsen ist. Zur Geschichte des Ortes zählen für Hall auch die Frauen, die den beschwerlichen Weg vom Osten in den Westen auf sich genommen haben. Hall trägt die Biografien von 260 Frauen zusammen, Prostituierten wie Händlerinnen, Hausfrauen und Lehrerinnen. Im Museum gibt es eine Datenbank über sie, und auf dem Gelände des Museums einen Rosengarten mit 260 Rosenstöcken. Jeder Frau widmet Hall einen.

In die Landschaft verliebt

Heute würde Hall bestimmt auch Anne Legge in ihre Frauen-Sammlung aufnehmen. Legge war 2005 „Künstlerin in Residenz“ am Grand Canyon. Dort entdeckte sie das Holz in der Schlucht und am Ufer des Colorado Rivers als Material für die Bilder und Objekte, die sie macht, wenn sie nicht 40 Stunden in der Woche als Malerin den Zeichentrick-Simpsons ihre Farben gibt. „Kunst ist für mich ein Bedürfnis, schon immer gewesen. Ich muss mich ausdrücken können, kreativ sein“, sagt Anne. In der Galerie einer Künstlerkooperative, nicht weit vom Museum entfernt auf der Montezuma Street, hat sie ein Stück Wand für ihre Arbeiten. Neben Landschaftsbildern aus mit Beize gefärbtem Holz hinter Fensterrahmen gibt es teils kleinere, teils größere Objekte aus unterschiedlichstem Material. Etwa eine Reihe von Raben aus zersplitterten Schallplatten.

Links: Von der Uroma gelernt – Keramiktopf eines Nampeyo-Nachfahren Rechts: Stele für die Native Americans am Santa Fe Railway in Winslow

In ihren blauen Jeans und karierter Bluse sieht Anne aus, als käme sie gerade aus ihrem Atelier. Bevor sie vor 14 Jahren nach Prescott kam, lebte sie in Los Angeles. Aber beim ersten Besuch des Grand Canyons erging es ihr wie Colter und Hall: „Ich habe mich in die Landschaft verliebt.“

Tatsächlich ist der Grand Canyon atemberaubend schön, und das ist in diesem Fall keine Floskel, genauso wenig, wie von der Mutter aller Schluchten zu reden. Von Prescott sind es knapp 200 Kilometer bis zum südlichen Rand der Schlucht auf 2.100 Metern Höhe. Der Colorado hat sich dort über Jahrmillionen teils bis zu 1.800 Meter tief ins Gestein gefräst. Nicht nur Hall und der Kettenraucherin Colter haben die Trails runter zum Fluss und wieder rauf die Luft geraubt, das geht heute auch den bestens Outdoor-ausgerüsteten Wanderern nicht anders. Auch an diesem Novembertag nicht, wo die Luft angenehm frisch ist, die Temperaturen von minus 4 Grad in der Nacht auf 13 Grad angestiegen sind. Nur zwei Jogger und eine Joggerin legen den Bright Angel Trail von immerhin 26 Kilometern Länge und 1.360 Höhenmeterunterschied runter und rauf leichtfüßig zurück.

Doch jede Anstrengung wird belohnt. Jeder Ausblick, jeder Schritt geben das Gefühl, durch ein aufgeklapptes Erdkundebuch zu wandeln. Jede Gesteinsschicht, der man sich nähert, jedes Gewächs, das man entdeckt, jedes Dickhornschaf, das plötzlich vorbeispringt, wühlt auf wie die Reise mit Jules Verne zum Mittelpunkt der Erde.

Colters Gebäude Hermit’s Rest und das als Observatorium gebaute Lookout Studio von 1914 fügen sich mit ihren Mauern aus Felssteinen in die Landschaft ein, als wären sie aus dieser selbst hervorgegangen. Dass die Gebäude die jährlich bis zu fünf Millionen Besucher*innen bis heute unbeschadet überstanden haben, spricht für die Architektin, die eigentlich gar keine hätte sein dürfen. Das Architekturstudium bleibt Frauen zu ihrer Zeit verwehrt. Mary Colter studiert in Kalifornien Design und bringt sich den Rest selbst bei.

Der Griff nach den Sternen

Das ist bei den Indianern, für deren Kultur Colter sich von Jugend an interessiert, nicht anders. Eine Hopi, die Colter an den Grand Canyon holt, ist Nampeyo, deren erdfarbenen Keramiktöpfe mit den gleichen Symbolen gestaltet sind, die Sandra Hamana für ihre Wandobjekte benutzt. Die sehr abstrakten, kubischen Muster ihrer Tongefäße in Rot, Braun, Schwarz und Weiß gefallen nicht nur Colter, sondern auch den ab 1901 zunehmend anreisenden Touristen. Von Flagstaff, 130 Kilometer südlich vom Grand Canyon, führt nun eine Eisenbahnstrecke direkt zur Schlucht. Und 1905, als das Hopi-Haus eröffnet, zählt Nampeyo zu den ersten, die dort verkauft.

Heute findet sich Keramik von ihrer Hand in Arizonas Hauptstadt Phoenix im Heards Museum, das der Geschichte und Kultur der Urbevölkerung in einem alten Kolonialhaus viel Platz einräumt, und vor allem im Museum of Northern Arizona in Flagstaff. Kelley Hays-Gilpin ist dort Archäologin. „Von Nampeyos Urenkelin Priscilla habe ich persönlich einen Topf erworben“, sagt sie, während sie oben auf der Galerie im Depot des Museums an großen schwarzen Rädern dreht wie ein Steuermann am Ruder. Sie bewegt begehbare Schränke, in denen alle indianischen Artefakte aufbewahrt werden, die keinen Platz in den Ausstellungsräumen finden.

Am Schrank der Hopis ist außen eine Fotografie von Nampeyo als alter Frau mit weißen Haaren und einem unfertigen Topf im Schoß zu sehen. In einem ihrer Töpfe im Schrank findet sich noch ein Preisschild von 1934. Fünf US-Dollar erhielt Nampeyo damals für einen Topf vom Durchmesser eines Fußballs. „Heute bezahlen die Leute das Tausendfache und mehr für echte Nampeyo-Keramik“, sagt Kelley. Aber auch schon zu ihrer Zeit erzielte sie für ihre Arbeiten mehr als andere. „Sie war gefragt“, sagt Kelley. Nampeyo lernte das Töpfern von ihrer Großmutter und brachte es später ihren Kindern bei.

In einem anderen Schrank ist eine Schale von einem Urenkel Nampeyos aufbewahrt, in ihren Farben, aber mit Figuren, die an Mangas erinnern. „Der war bestimmt in Japan“, sagt Kelley. Unten zeigt sie noch auf zwei großformatige Gemälde, die an einer Wand lehnen, von einem anderen Urenkel Nampeyos. „Er ist ein erfolgreicher Maler und kommt mit seinen Bildern in der Welt rum“, sagt die Archäologin, bevor sie wieder an ihre Arbeit geht: ein Buch über die Farben in der Kunst der Indianer.

Am Abend um 20 Uhr hält im Lowell Observatorium in Flagstaff die junge Physik- und Mathematikstudentin Hailey einen Vortrag. Sie rast unendlich schnell durchs unendliche Universum. Ihr ganzer Körper geht dabei mit, ihre Wangen leuchten schon bald so rot wie das Rot des Hemdes, das sie trägt. Sie redet von schwarzen Löchern, die keine sind, davon, dass Raum Zeit ist und die Sonne ein Winzling im Verhältnis zu anderen Sternen. Nach 45 Minuten sagt sie: „Nach allem, was ihr jetzt gehört habt, müsst ihr euch sehr klein vorkommen. Aber ich möchte, dass ihr hier rausgeht und euch ganz groß fühlt, zum Himmel und zu den Sternen schaut und zum Universum sagt: Hey, ich bin dein Freund.“

Und so endet diese Reise ins Matriarchat von Arizona mit dem Griff einer Frau nach den Sternen.