Ausgabe 02/2019
Denn Europa, das sind wir
Annette Jensen ist freie Autorin
Ohne Zweifel: Die EU ist alles andere als perfekt. Gewaltenteilung und Demokratie sind in der Gemeinschaft noch stark unterentwickelt: Viele Entscheidungen von Rat und Kommission werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffen. Anders als der Bundestag kann das EU-Parlament immer noch keine Gesetzesvorlagen einbringen. Zudem sorgen viel zu viele Unternehmens-Lobbyisten für eine starke Fokussierung auf neoliberale Wirtschaftsinteressen. Ist es deshalb egal, wenn die EU scheitert? Nein. Der Rückfall in Nationalismen ist brandgefährlich. Was „mein Land zuerst“ heißt, können wir gerade in den USA erleben. Und auch in Europa sind Nationalisten und Rechte auf dem Vormarsch.
Worum es deshalb gehen muss ist, mehr Demokratie in der EU zu fordern und die Entwicklung in diese Richtung voranzutreiben. Erst seit 1979 gibt es das EU-Parlament. Dank engagierter Abgeordneter ist es gelungen, die Einflussmöglichkeiten der Volksvertretung deutlich auszuweiten. Immer noch wird in Brüssel vieles in Hinterzimmern ausgehandelt – aber immerhin: Im Hinblick auf Mitbestimmungsmöglichkeiten gibt es schon deutliche Fortschritte.
Nun droht erstmals eine rechte Mehrheit im Europaparlament. Aus Verdruss über die völlig unperfekte Demokratie am 26. Mai nicht wählen zu gehen, wäre deshalb grundfalsch. Denn das hieße, denen die Mehrheit zu überlassen, die zurück zu Nationalismus und Abgrenzung wollen. Europa ist ein Kontinent, auf dem jahrhundertelang permanent Krieg geführt, gemetzelt und gemeuchelt wurde. Die EU hat mit dieser unseligen Tradition gebrochen und sich die Kooperation der Vielfältigen auf die Fahnen geschrieben. Dass es bei der Umsetzung hapert, heißt nicht, dass das Ziel falsch ist. Es liegt auch bei uns, dass es in die richtige Richtung weitergeht. Deshalb den 26. Mai als Wahltag in den Kalender eintragen und mitstimmen. Denn: Wir sind Europa und mit dafür verantwortlich, wie sich die EU entwickelt.