Die Redaktion der Chronik v. l.n.r, vordere Reihe: Willy Pribnow, Reinhard Vieth, Karl-Heinz Rüter, Norbert Höfert, Frank Hempel, Ute Dirks – hintere Reihe: Fritz Laß, Holger Groteguth, Klaus Nielsky, Barbara Rieger, Oliver Dilcher

1919 veränderte sich Deutschland tiefgreifend, gesellschaftlich wie politisch. Nach dem verlorenen ersten Weltkrieg wurde aus dem Kaiserreich die Weimarer Republik. Auch in Schleswig, dem Sitz des Regierungspräsidenten der preußischen Provinz Schleswig-Holstein, wurden die lokalen Vorläufer der heutigen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes gegründet. Während der Transportarbeiterverband schon vor dem Krieg in der Stadt eine Verwaltungsstelle unterhielt und es auch in anderen Branchen einzelne Gewerkschafter gab, errichteten die Gemeinde- und Staatsarbeiter hier am 19. Juni 1919 ihre Filiale.

Auf das in diesem Jahr anstehende Jubiläum hat Klaus Nielsky, von 1977 bis 1989 Kreisvorsitzender der ver.di-Vorläuferorganisation ÖTV in Schleswig-Eckernförde, schon 2015 bei einer Rede zum 1. Mai aufmerksam gemacht. Daraufhin bildeten Kolleg*innen von ver.di, vernehmlich aus deren Vorläuferorganisationen ÖTV, DAG und DPG sowie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), eine Arbeitsgruppe. Darin wollten sie die Geschichte ihrer Organisationen vor Ort aufarbeiten. Trotz aller Bemühungen gelang es leider nicht, Material aus allen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, die in den letzten 100 Jahren in Schleswig aktiv waren, zu erhalten. Oft waren privat aufbewahrte Unterlagen nicht mehr vorhanden.

Nach Auffassung der Arbeitsgruppe war es sehr wichtig, die Geschichte der organisierten Arbeitnehmerschaft in ihrer Heimatstadt aufzuarbeiten, gab es doch bisher nichts Vergleichbares. Lediglich die ÖTV hatte aus Anlass des 60. und 70. Jubiläums 1979 und 1989 geschichtliche Rückblicke veröffentlicht. In den Veröffentlichungen der Gesellschaft für Schleswiger Stadtgeschichte, den Erinnerungen wichtiger Persönlichkeiten und den Jubiläumsschriften bedeutender Institutionen spielte die Gewerkschaftsgeschichte allenfalls eine marginale Rolle, bedauert Nielsky. Eine Ausnahme sei lediglich das leider vergriffene Buch „Der Aufbau der Demokratie in der Stadt Schleswig nach zwei Weltkriegen“, geschrieben vom ehemaligen Bürgermeister Hermann Clausen. Er war seinerzeit der einzige Bundestagsabgeordnete des Südschleswigschem Wählerverbandes.

Bei der Durchsicht der zahlreichen unsortierten Fotos, Protokolle und Berichte entschloss sich die Arbeitsgruppe, nicht nur eine Chronik zu erstellen, sondern auch eine Ausstellung zu erarbeiten und diese mit einem Festakt zu eröffnen. Unterstützt wurde sie dabei vom Stadtmuseum und seiner Leiterin Dörte Beier. Für Nielsky „ausgesprochen aufgeschlossene Partner, die unbürokratisch Hilfe leisteten, wo diese erforderlich war“.

So sind nun Chronik und Ausstellung entstanden von Kolleg*innen, die bei der Post, in der Schule, bei der Bundeswehr, in der Kommunalverwaltung oder bei ver.di arbeiten oder gearbeitet haben. „Keine und keiner von uns hatte sich vorher je träumen lassen, einmal an einem solchen Projekt mitzuarbeiten“, sagt Nielsky. Es sei zwar noch mehr Arbeit als anfangs gedacht gewesen, es habe aber in der Gruppe auch Spaß gemacht.

Ausstellung

Die Ausstellung „100 Jahre Gewerkschaften in Schleswig“ wird vom 13. April bis zum 10. Juni im Stadtmuseum in Schleswig gezeigt. Zu sehen sind historische Dokumente, Fotografien, Plakate und Banner. Eröffnet wird die Ausstellung am 12. April um 11 Uhr.

Das Stadtmuseum Schleswig, Friedrichstr. 9–11, 24837 Schleswig, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr sowie an Feiertagen auch montags geöffnet. Eintritt 5 / 2,50 Euro (ermäßigt)

stadtmuseum-schleswig.de