Film

Lola ist unentwegt im Auslands-Einsatz, zwischen Meetings, Internet-Konferenzen und Terminen. Wenn es sein muss, macht die talentierte Unternehmensberaterin 48 Stunden durch. Nur ihre psychisch kranke Schwester hält die Karrierefrau davon ab, ihr Leben ganz bei der Arbeit zu verbringen. Als die nach einem Suizidversuch in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wird, droht Lolas Leben aus den Fugen zu geraten. Zunehmend unkonzentrierter bei der Sache, passieren ihr fatale Fehler. Lebensnah zeigt der Film den schmalen Grat zwischen Aufstieg und Abstieg in der Welt des Kapitalismus. Ein Burnout käme in ihrer Branche der Lepra gleich, sagt Lolas Chefin und Geliebte, die ihren Job nur noch mit Tabletten bewältigt. Schonungslos nimmt Marie Kreutzer eine krankhafte, auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Arbeitswelt unter die Lupe, an der unweigerlich alle zerbrechen: kleinere Angestellte, die ihre Jobs im Zuge von Insolvenzen und Fusionen verlieren, aber auch jene, die so hart arbeiten, bis sie zusammenbrechen und von heute auf morgen ersetzt werden. Kirsten Liese

A/D 2019, R: MARIE KREUTZER, D: VALERIE PACHNER, PIA HIERZEGGER, MAVIE HÖRBIGER, L: 108 MIN., KINOSTART 16. MAI


Britt Marie war hier

„Ich glaub, ich hab mein Leben weggeputzt“, erkennt Britt Marie rückblickend. Ganze vierzig Jahre war sie mit Kent verheiratet. Und war Hausfrau. Nach ihrer Devise „eins nach dem anderen“ hat sie stets akribisch ihre To-Do-Listen abgearbeitet. Da blieb kein Stäubchen übrig. Doch als sie plötzlich am Krankenbett ihres Mannes seiner wasserstoffblonden Affäre gegenübersteht, handelt sie blitzschnell. Sie traut sich, was wohl nur die wenigsten in ihrem Alter wagen würden: Sie lässt alles hinter sich und entscheidet sich für einen Neubeginn. Die 63-Jährige landet in Borg, einem kleinen Ort an Schwedens Ostküste. Und sorgt dort in einer neuen Rolle für frischen Wind. Sie wird Trainerin der desolaten Jugend-Fußballmannschaft. Ein Job, der ihr als Fußballmuffel einiges abverlangt. Der Film beruht auf dem gleichnamigen Bestseller des schwedischen Schriftstellers Frederik Backmann. In der Hauptrolle glänzt die schwedische Schauspielerin Pernilla August, die einst von Ingmar Bergman entdeckt wurde. Ihre Darstellung der Heldin muss man einfach lieben. Sie zeigt, dass es für die Suche nach persönlicher Erfüllung und dem wahren Ich nie zu spät ist. Luitgard Koch

S 2019, R: TUVA NOVOTNY, D: PERNILLA AUGUST, PETER HABER, U. A., L: 97 MIN., KINOSTART 13. JUNI


Das Familienfoto

Die Geschichte einer Familie, die durch den Tod des Großvaters wieder zueinander findet, ist mit der nur selten vor der Kamera stehenden Vanessa Paradis glänzend besetzt. Die drei chaotischen Geschwister Gabrielle, Elsa und Mao sehen sich nur selten. Als ihr Großvater stirbt, bleibt die bereits etwas demente Großmutter verwirrt allein zurück. Sie ist auf ihre Enkelkinder und deren zerstrittene Eltern angewiesen. Immer wieder erklärt sie, dass sie dort sterben möchte, wo sie am glücklichsten war: in ihrem Heimatdorf Saint-Julien. Die Sommer in Saint-Julien bei der Großmutter waren aber auch für ihre drei Enkel ein Highlight, was sie als Erwachsene fast vergessen haben. Doch nun muss sich um die Oma gekümmert werden, obwohl alle mit sich selbst und ihren Lebensentwürfen beschäftigt sind. Wie sich die Geschwister wieder zusammenraufen, ist mit dem typisch französischen Sinn für Tragikomik inszeniert. Luitgard Koch

F 2018, R: CÉCILIA ROUAUD, D: VANESSA PARADIS, CAMILLE COTTIN, PIERRE DELADONCHAMP, L: 98 MIN., KINOSTART 16. Mai