Soziale Standards sollen weiter beim ÖPNV gelten

Eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes fordert ver.di schon seit langem. 2013 war es von der damaligen schwarz-gelben Bundesregierung geändert worden. Seither haben eigenwirtschaftliche Anträge, also solche, in denen zugesagt wird, ohne öffentliche Zuschüsse zu arbeiten, automatisch Vorrang, wenn Kommunen ihre Linien im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ausschreiben. Dabei muss nicht mehr geprüft werden, ob sie sich an Tarif- oder andere Standards halten. Das hat bereits Arbeitsplätze gekostet – der Stadtverkehr Pforzheim musste zum Beispiel Ende 2016 seinen Betrieb einstellen, er war wegen eines eigenwirtschaftlichen Antrags der Bahn-Tochter Südwestbus bei einer Neu-Ausschreibung verschiedener Linien nicht zum Zuge gekommen. Rund 240 Beschäftigte verloren damals ihre Jobs. Bei Ausschreibungen in anderen Städten konnten die bisherigen kommunalen Betreiber eigenwirtschaftlichen Anträgen nur begegnen, indem Tarifstandards gesenkt wurden.

Aufgrund des politischen Drucks, den ver.di in dieser Sache aufgebaut hat, legten CDU, CSU und SPD Anfang 2018 in ihrem Koalitionsvertrag fest, dass „über die Nahverkehrspläne soziale Standards zum Schutz der Beschäftigten sowie qualitative und ökologische Standards auch für eigenwirtschaftliche Verkehre gelten“. Doch erst jetzt hat das Bundesverkehrsministerium Eckpunkte für eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes formuliert, obwohl der Bundesrat längst einen fertigen Änderungsentwurf beschlossen hat. Mira Ball, Leiterin der ver.di-Bundesfachgruppe Busse und Bahnen, ist davon enttäuscht: „Das Eckpunktepapier gibt nichts Konkretes her.“

Stattdessen weise es handwerkliche Fehler auf. So sollen soziale Standards für den ÖPNV in den Nahverkehrsplänen der Länder festgelegt werden können. „Das ist aber unsinnig, da der ÖPNV Sache der Kommunen ist“, stellt Ball fest. Auch lasse das Papier nicht erkennen, dass es um eigenwirtschaftliche Verkehre gehe. Die Alternative in dem Papier, die Festlegung sozialer Standards in dem Gesetz klinge nur im ersten Moment gut, denn sie sei zu wenig konkret.

Viel konkreter ist das Eckpunktepapier, wenn es um private OnDemand-Verkehre geht. Damit sind Fahrdienste gemeint, bei denen man meist per App für sein individuelles Fahrtziel eine Fahrgelegenheit bucht. Dahinter verbergen sich unterschiedliche Konzepte wie Moia in Hamburg, Berlkönig in Berlin oder Uber. Für solche Dienste sieht das Bundesverkehrsministerium konkrete Erleichterungen vor – und dadurch stehen sie zukünftig in noch stärkerer Konkurrenz sowohl zum ÖPNV als auch zu Taxi-Diensten. „Diese Dienste hätten keine Pflichten, könnten fahren, wo sie wollen, und ihre Preise dabei selbst festlegen“, kritisiert Ball. Die Umsetzung dieser Vorschläge wäre das Ende kommunaler Verkehrsplanung.

Sollten die Rechte von Mietwagenverkehren gegenüber dem Taxi tatsächlich ausgeweitet werden, schlägt sie vor, Mietwagenfahrten auf den ländlichen Raum, Mittel- und Oberzentren zu begrenzen. „Dort würden sie im Gegensatz zum Einsatz in Großstädten auch die Aufgabe der Ergänzung des ÖPNV erfüllen“, sagt die Gewerkschafterin.