Das Goldene Zeitalter – Fantasy-Comics können oberflächlich betrachtet vor lauter Elfen und Barbaren extrem rückwärtsgewandt wirken. Dass dem nicht so sein muss, haben bereits Werke wie Noelle Stevensons Nimona (siehe ver.di publik 8/2016) vorgemacht, und in Das Goldene Zeitalter demonstrieren Roxanne Moreil und Cyril Pedrosa, was darüber hinaus noch möglich ist. Zum Beispiel das irrwitzige Kunststück zu vollbringen, vor Bildhintergründen, die auf den ersten Blick nur aus quietschbunten Farbexplosionen bestehen, eine derart die Untiefen von Macht- und damit einhergehenden Geschlechterverhältnissen auslotende Geschichte zu erzählen, ohne sich dabei in einem Wirrwarr zu verlieren. Verkürzt geht’s um das Epos einer von ihrem Thron verstoßenen Monarchin. Ihr schlimmster Feind ist – wie sich herausstellt – die eigene Mutter und eben nicht der den patriarchalischen Strukturen entstammende Despot aus dem wie ein Pesthauch über dem Königreich hängenden Imperium. Moreil und Pedrosa gelingt vor allem ein differenzierter Blick auf den Willkür erleidenden und Strategien dagegen entwickelnden, sogenannten kleinen Mann – welcher hier aber fast immer eine kluge und gewitzte Frau ist. Oliver RistauRoxanne Moreil/Cyril Pedrosa, Das Goldene Zeitalter, Hardcover, 232 S., Reprodukt, 29 €


Negalyod – Was Vincent Perriot mit Negalyod abliefert, ist augenbetörend, derart verschiedenartig und überwältigend sind Seitengestaltungen und Farben angelegt. Der Science-Fiction-Western, beeinflusst durch Klassiker wie Moebius’ Arzach oder Valerian von Jean-Claude Mézières und Pierre Christin, zeigt eine Welt, in der Transportmittel wie Pferde gleichberechtigt neben LKWs existieren, aber ebenso High-Tech-Fluggeräte am Himmel patrouillieren – wobei diese bisweilen Gefahr laufen, mit Pterodactylen, kleinen Kurzschwanzflugsauriern, aneinanderzugeraten. Erzählt wird von einem Dinosaurier-Hirten, dessen Chasmosaurus-Herde durch einen Eingriff in das Klima durch „das Netz“ einer allgegenwärtigen ökologischen Kontrollinstanz umkommt und den Hirten aus der Steppe in die Großstadt zwingt. Und der will jetzt Rache nehmen. Dabei verliert Perriot passend zu dem verschiedene Zeit-alter vereinigenden Schauplatz nie die Vielfältigkeit allen Lebens aus den Augen. Fast selbstverständlich: Auch der vermeintliche Held muss gegenüber der weiblichen Hauptfigur nicht nur zurückstecken, sondern zudem einen Kinnhaken hinnehmen. Also alles erfrischend frei von männlicher oder gar weißer Vorherrschaft, denn wie bereits gesagt: Hier geben viele Farben den Ton an. Oliver Ristau

Vincent Perriot, Negalyod, Hardcover, 208 S., Carlsen Verlag, 28 €