Karin Wenk ist verantwortliche Redakteurin des ver.di-Magazins M – Menschen Machen Medien

Deutsche Geheimdienste sollen Medien und Journalist*innen im In- und Ausland künftig digital ausspionieren dürfen, auch ohne Verdacht auf eine Straftat und ohne richterliche Zustimmung. Das ist die Vorstellung von Innenminister Horst Seehofer, CSU, der damit das Redaktionsgeheimnis, einen Eckpfeiler der Pressefreiheit, fallen lässt.

Der Entwurf für ein „Gesetz zur Harmonisierung des Verfassungs-schutzes“ öffnet mit den sogenannten Online-Durchsuchungen die Schleuse für eine umfassende Durchleuchtung der Bürger*innen. Dabei dringen Ermittlungsbehörden verdeckt, etwa mit Trojanern, in digitale Geräte ein, um an alle gespeicherten Informationen zu kommen. Bei Journalist*innen könnten sie so Dokumente, Interview-mitschnitte oder auch Browser-Verläufe von Internetrecherchen einsehen, analysierte die Vereinigung „Reporter ohne Grenzen“ (ROG) das Seehofersche Machwerk. Bisher war genau das in Bezug auf Medien verboten.

Aber mehr noch: Auch Geheimdienste müssten mit einem Hack nicht mehr prinzipiell vor Computern und Smartphones von Journalist*innen haltmachen. Sie allein könnten zwischen ihrem Informationsinteresse und einer möglichen Schädigung der Pressefreiheit abwägen. Selbst die verschlüsselte Kommunikation mit Quellen könnte ROG zufolge überwacht werden.

Angesichts der Überwachungsskandale der letzten Jahre ist es ungeheuerlich, dass die Befugnisse der Dienste abermals ausgeweitet werden sollen. Erinnert sei an verweigerte Akkreditierungen auf dem G20-Gipfel 2017 in Hamburg aufgrund von falsch gespeicherten Daten. Notwendig sind deshalb endlich verlässliche Regeln zum Umgang der Sicherheitsbehörden mit personenbezogenen Daten von Journalist*innen. Dazu aber gibt es keinerlei Aktivitäten aus dem Bundesinnenministerium. Dessen Pläne „zur Einschränkung der Pressefreiheit gehören jedenfalls sofort ad acta gelegt“, fordert ver.di.