Ökonomen der Hans-Böckler-Stiftung sind nach einer Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen, dass durch eine Erhöhung der Rentenbeiträge "keine nennenswerten negativen Wachstums-und Beschäftigungseffekte" zu befürchten sind, solange sie durch eine Kombination aus höheren Beitragssätzen und Steuermitteln finanziert werden. Außerdem sollten Selbstständige und Beamte schrittweise in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden, damit sich die notwendigen Ausgaben auf mehr Schultern verteilen.

Die Untersuchung von Dr. Fabian Lindner, Dr. Rudolf Zwiener und Dr. Florian Blank von der Hans-Böckler-Stiftung sowie Prof. Dr. Camille Logeay von der Hochschule für Wirtschaft und Technik Berlin stützen ihre Ergebnisse auf umfassende Berechnungen mit dem makroökonomischen Modell des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung (IMK). Es bildet die Verflechtungen der deutschen Gesamtwirtschaft datengestützt nach.

Die Ergebnisse der Untersuchung räumen mit der weit verbreiteten Ansicht auf, dass höhere Rentenbeiträge der Wirtschaft durch Arbeitskostensteigerung schaden und die internationale Wettbewerbsfähigkeit gefährden würde. Angeblich würde das Wirtschaftswachstum gebremst und die Arbeitslosigkeit steigen. Das stimmt so nicht, so die Studie des IMK. Ihr zufolge ist eine Ausweitung der Finanzierung durchaus möglich, ohne Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zu bremsen. Die Wissenschaftler haben nämlich berechnet, wie sich das Bruttoinlandsprodukt langfristig entwickeln würde, wenn die Beitragssätze um einen Prozentpunkt stiegen. Überraschung: Das BIP bliebe nahezu unverändert, nominal würde es sogar um 0,3 Prozent höher ausfallen als ohne Erhöhung.

Mehr Geld fürKonsum

Denn verschiedene Effekte heben sich den Ökonomen zufolge gegenseitig auf: Die Lohnstückkosten fielen tatsächlich etwas höher aus, was die Exportwirtschaft beträfe. Andererseits kämen die höheren Beiträge aber einer großen Zahl von Rentner*innen zugute. Sie hätten insgesamt mehr Geld für ihren Konsum zur Verfügung, was wiederum die Binnennachfrage stärke. Es gehe also keine Kaufkraft verloren, wie oft behauptet, sondern sie würde zwischen Rentnern, aktiv Beschäftigten und Unternehmen umverteilt.

Selbst wenn man einrechne, dass die Reallöhne der Arbeitnehmer wegen der höheren Rentenbeiträge weniger stark zulegten, bliebe unter dem Strich eine leicht positive Wirkung für den Konsum. Diese gesamtwirtschaftlichen Effekte erhöhten sich proportional stärker, stiegen die Beiträge um mehr als einen Prozentpunkt. Würde man die Rentenkasse nicht durch höhere Beiträge, sondern statt dessen mit höheren direkten Steuern stärken, fielen die Folgen für das Wachstum ähnlich gering aus. Die Nettolöhne pro Kopf allerdings würden sich etwas schlechter als bei einer Beitragssatzerhöhung entwickeln, weil nun die Unternehmen weit weniger an der Finanzierung beteiligt würden. Einen Vorteil hätten Zuschüsse aus Steuermitteln aber durchaus: Besserverdienende würden stärker belastet als im Falle der Beitragsfinanzierung. Zudem würden Beamte und Selbstständige einbezogen, was die "notwendige Akzeptanz von steigenden Rentenausgaben erhöhen" würde.

Die Ökonomen sprechen sich deshalb für eine Mischkalkulation aus höherem Beitrag und Steuermitteln aus. JM