Kaufhof_verdi_HH.jpg

Sie galten als Ankerstandorte und Schlüssel für Käuferfrequenz – die großen Warenhäuser in den Hamburger Zentren. Doch nicht erst seit der Corona-Krise steht es schlecht um Galeria Karstadt Kaufhof (GKK). "Die Verantwortlichen in der Geschäftsführung und dem Management tragen die zentrale Verantwortung für die Krise des Unternehmens", heißt es im Positionspapier der ver.di-Bundestarifkommission GKK von Ende Mai. Die größte Kaufhauskette in Deutschland befindet sich jetzt im so genannten Schutzschirmverfahren. Zwei Drittel der Warenhäuser könnten erhalten bleiben, meinen die Sanierer. In Hamburg gibt es sieben Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof, betroffen sind aber auch K-Sports, die zum Handelsriesen gehörende KA-Feinkost und Gastronomie sowie Reisebüros.

Ein unternehmerisches Konzept muss her, erwartet Heike Lattekamp, Leiterin des Fachbereichs Handel bei ver.di Hamburg. Auf gar keinen Fall dürfe Karstadt-Kaufhof-Eigentümer René Benko sich im Zuge der Corona-Krise mit Filialschließungen und Entlassungen gesundstoßen. Beide Maßnahmen sind angekündigt und damit ein erneuter Angriff auf den im Dezember 2019 geschlossenen Integrationstarifvertrag.

"Kein Weihnachtsgeld, kein Urlaubsgeld, 97 Prozent des Flächentarifvertrags – das sind gewaltige finanzielle Zugeständnisse, die die Beschäftigten bei GKK im letzten Dezember auf sich genommen haben. Im Gegenzug wurden Standort- und Beschäftigungssicherung zugesagt.", sagt Lattekamp. Aber: "Kaum unterschrieben, ist diese Zusicherung von Arbeitgeberseite hinfällig, und schon wieder soll die Belegschaft die Zeche zahlen. Ihr drohen finanzielle Einbußen und Jobverlust. Statt Konzepte zu entwickeln, die Umsätze anzukurbeln und Frequenzen steigern, fällt den Verantwortlichen wieder nichts anderes ein, als Personalkosten zu reduzieren", so Lattekamp. Auch René Benko müsse sich bewegen, einen Sanierungsbeitrag leisten und investieren, fordert die Gewerkschafterin.

Gefragt ist die persönliche Beratung

Beobachter sehen für die Warenhauskette nur dann eine Zukunft, wenn ein attraktives online- und Social Media-Angebot mit entsprechender Beratung vorangetrieben und vor allem Beratung und Service in den Filialen selbst ausgebaut wird. Wer nämlich in die Hamburger Innenstadt in ein Warenhaus geht, der tut das meistens, um persönlich direkt vor Ort beraten zu werden. Selbst wenn also – wie angekündigt – Filialen geschlossen werden, muss in den verbleibenden mehr Personal eingestellt werden, um ein hochwertiges Beratungs- angebot für die Kunden zu bieten und damit Konkurrenz zum Internethandel aufzubauen. Stattdessen ist aber derzeit von einem Stellenabbau von bis zu 10 Prozent in den Häusern, die überleben sollen, die Rede. "Die Beschäftigten und ihre Interessenvertretung müssen in die Weiterentwicklung der Warenhäuser eng mit eingebunden werden. Sie sind die Expertinnen und Experten mit Ideen und Initiativen, ganz nah an den Kundinnen und Kunden", betont Heike Lattekamp.

Etwa 1.000 Beschäftigte hat der Handelsriese GKK in Hamburg. "Die Angst geht um", beschreibt Ulla Stolle, Betriebsrätin bei Karstadt Mönckebergstrasse, die Stimmung. "Man hat bisher vieles weggesteckt, neu justiert, Umstrukturierungen mitgetragen - und das mit immer weniger Kolleginnen und Kollegen. Die Beschäftigten, bis zu 75 Prozent Frauen, haben eine hohe Loyalität zum Unternehmen und den Büdel nie hingeschmissen, das war immer ein Pfund für den Arbeitgeber. Die Beschäftigten haben Corona und Kurzarbeit weggesteckt. Jetzt wird ihnen bewusst, was ein Schutzschirmverfahren bedeutet, welche weitreichenden Möglichkeiten es gibt, sich darin von Menschen und Strukturen zu trennen. Diese Unsicherheit macht vielen Angst, andere versuchen, sich die Situation schönzureden", sagt Stolle.

Jeder Standort in Hamburg habe seine Daseinsberechtigung mit eigenem Kundenklientel. In allen Häusern seien die Beschäftigten vorsichtig und verhalten und hätten Angst um ihre Existenz. "Corona und die Angst um den Job machen viele einfach müde, die Kampfbereitschaft ist nicht wie 2009, wo wir innerhalb von Stunden die Leute vor der Tür hatten. Das ist anders geworden", sagt Stolle.

Ende Juni soll klar sein, wer welchen Beitrag zur GKK-Sanierung leistet. Von einem Verkauf geht derzeit niemand aus, da es offenbar keine Interessenten gibt, wie das Handelsblatt schreibt. Dann soll ein Insolvenzplan erstellt werden, über den die Gläubigergruppen im Juli abstimmen. Wird der Insolvenzplan abgelehnt, werden wohl alle Warenhäuser geschlossen – ein Drohszenario der Sanierer gegen gewerkschaftliche Forderungen.