Bei der Hamburger Stadtreinigung sind die Corona-Maßnahmen weiter an der Tagesordnung: Maskenpflicht in den Müllautos, versetzte Arbeitszeiten, damit nicht zu viele der insgesamt 4.000 Mitarbeiter*innen gleichzeitig an einem Ort sind – etwa in der Kantine oder in den Umkleideräumen. Homeoffice gibt es für die meisten Männer und Frauen der Hamburger Stadtreinigung nicht. Als die Stadt stillstand, haben sie die Ärmel doppelt hoch gekrempelt: Ungewöhnlich viel Müll musste geräumt werden, dafür gab es Beifall auf der Straße und von den Balkonen.

"Die Kolleginnen und Kollegen sind hoch motiviert durch die Krise gegangen, jetzt dürfen sie auch erwarten, dass ihr Engagement Anerkennung in den Tarifverhandlungen findet", sagt der Personalratsvorsitzende der Hamburger Stadtreinigung, Rainer Hahn. In diesem schwie- rigen Jahr 2020 hätten die Kolleg*innen gezeigt, dass die Politik auf verlässliche Strukturen zurückgreifen könne. "Dann dürfen wir auch erwarten, dass vernünftig miteinander verhandelt wird und Eskalationen vermieden werden. Streiken zu müssen, wäre ein verkehrtes Signal – den Menschen gegenüber", so Hahn.

Bei den Forderungen der Beschäftigten an den Arbeitgeber zeigen sich deutliche Unterschiede: Während sich ältere und jüngere Kolleg*innen mehr Freizeit wünschen, hätten die im mittleren Alter lieber mehr Geld in der Tasche. "Es geht nicht um Maximalforderungen, nicht um Utopisches, aber Minimalangebote reichen nicht aus", sagt Hahn. Arbeitszeiten, Altersteilzeit (TV flex), Anerkennung – das seien die Themen, die nach dem Wunsch der Beschäftigten verhandelt werden müssten. Dabei gelte es, fair zu sein. "In den Köpfen vieler ist immer noch das Einfrieren des sogenannten Weihnachtsgelds Ende der 1990er Jahre. Das war nicht fair und hat eine tiefe moralische Wirkung hinterlassen", so der Personalratsvorsitzende.

Solidarisch sein

Den Satz "Seid doch froh, dass ihr im öffentlichen Dienst arbeitet" hören in diesen Monaten viele, die als ÖD-Beschäftigte einen sicheren Job haben. Aber auch einen korrekt bezahlten? Mitarbeiter*innen im Allgemeinen Sozialen Dienst etwa, die sich in den Hamburger Stadtteilen um Familien in Not kümmern, sehen das anders. "Wir können gar nicht so schlecht arbeiten, wie wir bezahlt werden", steht auf einem Transparent, das bei einer Aktion von ver.di Hamburg von den Beschäftigten ausgerollt wurde. "Solidarität ist wichtig, nicht nur in den Betrieben unter den Kolleginnen und Kollegen, sondern generell. Bei den Tarifverhandlungen im ÖD dürfen wir uns nicht auseinanderdividieren lassen, der Öffentliche Dienst ist im Ganzen wichtig. Wir sollten solidarisch sein mit denen im Öffentlichen Dienst, die es nicht so gut hatten und haben wie wir", fordert Heike Schlesinger. Sie ist Vorsitzende des Gesamtpersonalrats im Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie.

Als relativ komfortabel beschreibt sie die aktuelle Situation in dem Bundesamt: Keine Kurzarbeit, viele Beschäftigte arbeiten im geregelten Homeoffice. Bei letzterem sieht sie allerdings ein zunehmendes Problem. Denn je weniger Beschäftigte in der Dienststelle sind, umso schlechter wird die Kommunikation. Und die ist wichtig, wenn es zum Beispiel um Forderungen für Tarifverhandlungen oder um Mobilisierung geht.

In der Digitalisierung, die durch Corona einen ordentlichen Schub auch im Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie bekommen hat, sieht sie auch eine gewerkschaftliche Chance: An digitalen Konferenzen etwa nehmen wahrscheinlich mehr teil, als an Konferenzen, für die Interessierte länger in der Dienststelle bleiben müssten. Hoch sind die Forderungen im Bundesamt für die Tarifrunde nicht: Inflationsausgleich (kein Reallohnverlust), Altersteilzeit, Übernahme- verlängerung für Auszubildende stehen oben auf der Agenda. Die Befürchtungen, dass Stellen gestrichen werden, dass es insgesamt zu Kürzungen kommt, sind groß, so Heike Schlesinger. Sie wird sich jetzt darum kümmern, sogenannte Tarifbotschafter*innen zu gewinnen – eine neue Idee, mit der ver.di die Forderungen der Mitglieder aufspüren möchte.

Zur Zeit ist ver.di im Bundesamt dabei, ein Kernteam zu gründen, mit fünf bis sechs Leuten als Ansprechpartner*innen. Das soll in Corona-Zeiten mit den Beschäftigten in Kontakt kommen und in Kontakt bleiben. "Eine gute, aktive Tarifbewegung hinzubekommen, ist unglaublich wichtig - und kann gnadenlos scheitern", warnt Schlesinger. "Wenn wir das jetzt nicht schaffen, haben wir für lange Zeit verloren." Dabei dürfe man nicht vergessen, dass diese Bedingungen, die die Arbeit auch unter derzeitigen Bedingungen gut machen, auch mal erkämpft worden seien. "Es wird sich im Herbst zeigen, wie stark die Gewerkschaften sind und wie weit sie gehen können", sagt Schlesinger.