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Mit Unterstützung zum ArbeitsgerichtFoto: ver.di Hamburg

Alexandra, Katrin, Heike, Franzi, Sandra und Manuela sitzen – im vorgeschriebenen Abstand – zusammen und beraten über das weitere Vorgehen. Sie sind Betriebsrätinnen bei der Friseurkette Klier in Hamburg und Schleswig-Holstein, allen sechs will der Arbeitgeber kündigen. Wenn sie von den vergangenen Monaten berichten, wirken sie gleichzeitig fassungslos und kämpferisch.

Anfang des Jahres haben sie als Betriebsratsgremium vom Arbeitgeber die Anträge auf ihre eigene fristlose Kündigung vorgelegt bekommen. Der Vorwurf: Arbeitszeitbetrug. Die Betriebsrätinnen waren geschockt. "Das war eine schlimme Zeit. Da mussten wir jeden einzelnen Vorwurfstag Revue passieren lassen", erinnert sich Alexandra.

Da Betriebsratsmitgliedern nur mit Zustimmung des Betriebsratsgremiums gekündigt werden darf, und diese hier nicht gegeben wurde, muss nun der Arbeitgeber für jede einzelne Kündigung die Zustimmung des Arbeitsgerichtes einholen. Fünf von sechs Verfahren vor dem Hamburger Arbeitsgericht sind beendet, alle fünf haben die Kolleginnen gewonnen. Doch der Arbeitgeber lässt nicht locker.

Rückhalt der Familie

Die Situation zehrt an den Nerven, darauf hofft vielleicht auch die Geschäftsführung. Katrin, die Betriebsratsvorsitzende, sagt: "Man versucht, das nicht mit ins Privatleben zu nehmen, aber natürlich redet man darüber. Ohne den Rückhalt der Familie wäre das wohl nicht auszuhalten."

Dabei sind gerichtliche Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber nichts Neues für die Frauen. Schon bei der Gründung des Betriebsrats vor rund sieben Jahren versuchte er, die Wahl anzufechten. Schon damals blieb er erfolglos. Danach, so berichten die Kolleginnen, verlief die Betriebsratsarbeit "normal". Themen wie Arbeitszeit, Pausen oder Versetzungen waren auf der Tagesordnung, sie haben Betriebsvereinbarungen verhandelt. Trotz der laufenden Gerichtsverhandlungen haben sie sich in den vergangenen Monaten um Hygiene-konzepte und Kurzarbeit gekümmert.

Die Kolleginnen sind für 17 Salons in Hamburg und Schleswig-Holstein zuständig. Wenn die Beschäftigten nicht die Salons leiten, arbeiten sie für den gesetzlichen Mindestlohn oder liegen knapp darüber. Das Klima habe sich verschlechtert, berichten die sechs Frauen, als die Klier GmbH zum 1. Juni 2018 mit der Essanelle Hair Group zur Klier Hair Group fusionierte. Für das Unternehmen arbeiten seither bundesweit nach eigenen Angaben 9.000 Beschäftigte in über 1.400 Salons.

Die Kündigungsanträge des Arbeit- gebers erfolgten kurz nachdem der Betriebsrat für Hamburg und Schleswig-Holstein mit den damals neu gewählten Betriebsräten in Berlin und Hannover einen Gesamtbetriebsrat (GBR) gegründet hatte. Der GBR hat auch Rechte in den Bereichen des Unternehmens, die keinen eigenen Betriebsrat haben. Dort kann er zum Beispiel die Wahl eines Betriebsrates einleiten.

Die Betriebsrats-Kolleginnen in Hamburg und Schleswig-Holstein wehren sich mit Hilfe von ver.di gegen die Angriffe ihrer Arbeitgeber. Diese empfinden sie nicht nur als Versuch, die Mitbestimmung zu behindern, sondern auch als persönliche Konfrontation. "Ich fühle mich in meiner Ehre verletzt, werde als Betrügerin dargestellt, die ich nicht bin", beschreibt Heike ihre Stimmung. Der Arbeitgeber denke nicht darüber nach, dass so vielleicht auch Existenzen zerstört werden könnten. Für Alexandra ist das Vorgehen eine große Enttäuschung, schließlich sei sie seit 15 Jahren im Unternehmen und habe viel geleistet.

Auch auf andere Weise erschwert die Geschäftsführung die Ausübung der Mitbestimmung. So haben zunächst alle Beschäftigten die falsche Information erhalten, es gebe keinen Betriebsrat mehr. In einem Newsletter haben die Kolleginnen das richtiggestellt, doch weil Salonbesuche coronabedingt nicht möglich sind, ist Aufklärung schwierig.

ver.di Hamburg hat eine Online-Petition zur Unterstützung der Kolleginnen begonnen, und es gab zwei gut besuchte Kundgebungen vor Gerichtsterminen. Auch die Hamburger Medien sind auf die Vorgänge bei Klier aufmerksam geworden. Die sechs Frauen halten zusammen und geben nicht auf. Doch im Grunde möchten sie nur wieder ihrer Arbeit nachgehen, als Friseurinnen und als Betriebsrätinnen. "Die Geschäftsführung sagt, sie wolle das beste Friseurunternehmen aufbauen. Wir tragen doch im Grunde mit unserer Arbeit dazu bei, es noch besser zu machen", fasst die Betriebsratsvorsitzende Katrin den Anspruch des Gremiums zusammen.

Aktuelle Informationen und den Link zur Online Petition unter: besondere-dienste-hamburg.verdi.de/themen/klier